Zurück ist für Issam A.-Karim keine Option. Er sitzt entspannt in einem seiner zwei Restaurants in der Nähe der Kunstakademie, an der Studenten aus aller Welt studieren, und erzählt. Sechs Jahre war er alt, als in den 1979er Jahren im Libanon der Bürgerkrieg ausbricht. "Plötzlich änderte sich mein behütetes Kinderleben", erinnert er sich. Waffen wurden zum Alltag. Seine Eltern beschließen, mit ihren sechs Kindern aus Beirut zu fliehen. Ende 1977 geht es mit dem Flugzeug zuerst nach Budapest, dann nach Ostberlin, rüber nach Westberlin zu einer Tante und dann über Raststatt nach Stuttgart-Zuffenhausen. Issam A.-Karim wird im Wohngebiet Seedamm groß, nicht das beste Viertel. Die Familie lebt in einer Zweizimmerwohnung. "Wir konnten keine uns keine Zukunft mehr im Libanon vorstellen, wir wollten hier bleiben", sagt Issam A.-Karim. Doch der Asylantrag wird abgelehnt, ständig droht die Abschiebung. Nur durch das Engagement von vielen hilfsbereiten Leuten gelang es, ein Aufenthaltsrecht zu bekommen. Der Teenager kämpft sich durch die Schule, mit Erfolg, und besucht das Wirtschaftsgymnasium. In dessen Nähe ist unterhalb der Roten Wand ein Containerdorf für Flüchtlinge aufgebaut. Regelmäßig ist Issam A.-Karim dort zu Gast, er hat es ja selbst erlebt, wie es ist, zu fliehen und in ein anderes Land zu kommen. "Ich weiß, was in den Flüchtlingen vorgeht, ich habe es ja selbst erlebt", sagt der 47-Jährige. "Ich verstehe die Deutschen sehr gut, weil ich mit ihnen aufgewachsen bin." Er versteht sich als Mittler und will Verbindungen schaffen. So ist er Mitherausgeber einer Flüchtlingszeitung und Radiomoderator. "Es ist wichtig, die Kultur kennenzulernen. Damit ist man ganz nah an den Menschen, auch wenn ich ganz woanders herkomme", sagt er. Nur mit Interesse und Offenheit kann man aufeinander zugehen. "Man muss seine Ängste und sein Misstrauen abbauen, sonst sind der Kopf und das Herz blockiert und nicht frei." Wo ist seine Heimat? "Die Frage, was für mich Heimat ist, kann ich immer nur für eine bestimmte Phase meines Lebens beantworten", sagt er. Auf einem Blatt Papier skizziert er sein Heimat-Modell: Als Kind ist es der Libanon, dann ist es Deutschland und mittlerweile sieht er sich als Weltbürger, auch weil seine Ehefrau Italienerin ist, "Heimat, das ist für mich Familie, Freunde und das Leben."