Hilfe für die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien

HUMANITARIAN AID

Erdbeben in der Türkei und Syrien

HUMANITARIAN AID - Erdbeben in der Türkei und Syrien 

HUMANITARIAN AID -  Erdbeben in der Türkei und Syrien 

Aktionsbündnis

HUMAN PEACE PROJECT

Wenn die Erde bebt und plötzlich alles zusammenbricht. Am Montag haben heftige Erdbeben die türkisch-syrische Grenzregion erschüttert. Das Ausmaß der Zerstörung im Südosten der Türkei und im Nordosten von Syrien ist schwer in Worte zu fassen. Die Zahl der Toten steigt von Tag zu Tag und die Zeit, noch Leben zu retten, wird immer knapper. Hinzu kommt die eisige Kälte, die den brachliegenden Regionen nahezu den Atem nimmt. Es sind Millionen von Menschen, die dieser enormen Naturgewalt ausgesetzt worden sind. Millionen von Menschen, die nun angewiesen auf Hilfe sind.

 

Wir möchten helfen und ein Zeichen setzen.
Wir alle gemeinsam, das Aktionsbündnis – „Human Peace Project – Erdbeben Türkei/Syrien“. Zusammen mit vielen anderen Organisationen unterstützen wir den Spendenaufruf der Rum.- Orthodoxen St. Johannes der Täufer Weil der Stadt e.V. Gemeinde. Die Mitglieder der in der Nähe von Stuttgart angesiedelten Gemeinschaft haben ihren Ursprung in der türkischen Provinz Hatay, wo noch viele Familienangehörige und Freunde leben. Gerade diese Region wurde vom Erdbeben besonders hart getroffen. Die Menschen, auch jene, die in der Grenzregion zwischen der Türkei und Syrien leben, brauchen dringend Hilfe.
 

Wie können Sie dem Aktionsbündnis helfen?

Zunächst einmal können Sie, so banal das klingen mag, Geld spenden.
Rechtlicher Träger und Verwalter aller logistischer, administrativer und finanzieller Aktivitäten ist der gemeinnützige Verein:


St. Johannes der Täufer Weil der Stadt e.V.

Spendenkonto:

Kreissparkasse Böblingen

IBAN: DE62 6035 0130 0000 7169 30

BIC: BBKRDE6BXXX

VWZ: Erdbeben Antiochien

Die Gelder werden eingesetzt, um die Betroffenen vor Ort mit dem Nötigsten zu versorgen. Ein besonderer Bedarf besteht an Zelten, Schlafsäcken, warmer Kleidung, medizinischen Produkte, Hygieneartikeln und natürlich Nahrung. Geldspenden sind steuerlich absetzbar.

Das Aktionsbündnis, bestehend aus unterschiedlichen Organisationen, wird in den nächsten Tagen und Wochen über die geleistete Hilfe vor Ort, die im Besonderen der Provinz Hatay und der angrenzenden syrischen Region zukommen soll, berichten. Achten sie auf die Berichterstattung über unsere Kanäle.


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Human Peace Project – Humanitäre Hilfe nach Erdbeben in der Türkei/Syrien – Ein Interview mit mit Issam Abdul-Karim

von Manuella Woywode, Project Peacemaker e.V.

Bild: Issam Abdul-Karim


Issam, du hast Angehörige im Erdbebengebiet. Zu welcher Region erlangst du Neuigkeiten und Informationen? 

Im Süden der Türkei ist es die Küstenstadt Iskenderun und Batman im Südosten des Landes. Hier leben viele Verwandte von mir. In Syrien ist es Aleppo, wo ich viele Freunde und Bekannte habe. Seit dem verheerenden Erdbeben in der Nacht vom 5. auf dem 6. Februar telefonieren wir täglich miteinander. Da meine Verwandte, Freunde und Bekannte vom Erdbeben direkt auch betroffen sind, mache ich mir ernsthafte sorgen. Am Mittwoch erreichte mich eine traurige Nachricht aus Iskenderun. Meine Tante, die seit dem 6. Februar vermisst wurde, konnte leider zusammen mit weiteren sechs Nachbarn nur noch tot aus dem völlig zerstörten Haus geborgen werden. Das schreckliche Ereignis hatte sie alle, dem Anschein nach, schlafend in ihren Betten überrascht und getötet. Meine Cousine konnte zum Glück einen Tag zuvor lebend geborgen werden. Sie hat das Unglück leichtverletzt überlebt und ist derzeit bei Verwandten untergebracht. „Zwischen Glück und Unglück liegen machmal nur wenige Zentimeter!“ Es werden aber immer noch Verwandte von mir vermisst, so wie viele hunderte oder gar tausende weitere Menschen im gesamte Erdbebengebiet.

 In Batman ist die Lage etwas besser. Trotz einiger kleinerer und stärkerer Beben, wurde diese Stadt im Südosten der Türkei von solchen dramatischen Bildern bisher verschont. Dennoch ist auch hier die Angst sehr groß und die Menschen trauen sich kaum noch in ihre Häuser zurück. Diese hatten sie während des Erdbebens fluchtartig verlassen müssen. „Mein Sohn, mir geht es gut und allen anderen hier auch. Aber die Nachbeben sind unberechenbar und wir haben Angst. Deshalb haben wir uns schutzsuchend, bei Verwandten mit ebenerdiger Behausung vorerst einquartiert“, berichtetet mir meine Tante unter Tränen am Telefon. Dieses digitale Medium stellt für uns und andere betroffene Menschen auch, über einen WLAN-Anschluss eine sogenannte seelische Brücke und Hilfe dar! 

Aus der syrischen Stadt Aleppo erreichen mich leider auch nur traurige Nachrichten. Die Kriegsgebeutelte Stadt liegt nahe der Grenze zur Türkei und ist auch vom jüngsten Erdbeben stark betroffen. Die Menschen stehen immer noch unter Schock und haben Angst, sagt mir ein guter Freund vor Ort. Die Infrastruktur ist zusammengebrochen, viele Gebäude sind zerstört und sie wissen nicht mehr weiter. Immer noch hören sie verzweifelte Stimmen von (noch) Überlebenden, die unter den Trümmerbergen scheinbar lebendig begraben sind. Erst der Bürgerkrieg und jetzt das verheerende Erdbeben haben der Stadt und ihren Anwohnern viel abverlangt. Die Ohnmacht aber auch die Kälte und das Gefühl, von der Außenwelt vergessen und auf sich selbst gestellt zu sein, sind hier spürbar. „Bitte Issam, wir brauchen Hilfe. Sag es deinen Freunden und Helfern in Deutschland. Vergesst uns bitte nicht!“, sagt mir mein Freund Jamal am Telefon und schickt mir zeitgleich ein Video auf WhatsApp, dass ein einstürzendes Mehrfamilienhaus in Aleppo zeigt. Eiligst und unter Panik versuchen die Menschen zu fliehen, um selbst nicht unter den Trümmern des einstürzenden Gebäudes begraben zu werden. Es macht mich traurig und fassungslos, das die Menschen hier nicht zu ruhe kommen und schnelle Hilfe erfahren!


Wie ist die Lage derzeit dort? 

In den türkischen Erdbebengebieten kommen die Bergungsarbeiten trotz der vielen Helfer aus der ganzen Welt nur sehr schleppend und mühselig voran, weil schwere Werkzeuge und Fahrzeuge fehlen. Auch setzen Nachbeben die Menschen weiterhin in Angst und Schrecken. Die Verzweiflung und Sorgen sind groß, dass ein weiteres großes Erdbeben, für noch mehr Zerstörung mit noch mehr Toten und Verletzen sorgen wird. Die Situation ist sehr angespannt! Darüberhinaus finden im Mai Wahlen statt. Es liegt nahe, dass die vom großen Erdbeben betroffenen Provinzen für den Wahlausgang mitentscheidend sein werden. Daher bemühen sich Regierung und Opposition um gegenseitige Schuldzuweisungen. Ich hoffe, dass sich der Wahlkampf nicht zum Nachteil der Hilfsarbeiten in den betroffenen Provinzen entwickeln wird. Denn neben den laufenden Bergungsarbeiten und den humanitären Hilfen, brauchen die betroffenen Menschen mittelfristig einen gut strukturierenden Plan des Wiederaufbaus, Perspektiven, Hoffnung und eine Regierung die anpackt und Hilft! 

In Aleppo ist die Situation derzeit auch angespannt und ungewiss. Die Rettungsarbeiten gestalten sich unter den politischen Differenzen im Land und vor allem in den betroffenen Gebieten als sehr schwierig. Daher ist es derzeit schwierig, mit Hilfsgütern, Geräten und Helfern aus dem Ausland schnell und direkt über den Grenzübergang ´Bab al-Hawa´ in Nordsyrien in die betroffenen Gebiete zu gelangen. Die jeweils eigenen Interessen überwiegen. Daher bleibt zu hoffen, dass die Internationale Politik schnell zu einer Einigung mit den Machthabern vor Ort kommt, damit dringend benötigte Hilfe ungestört dort ankommt, wo sie am meisten gebraucht wird. Eine zumindest zeitweilige  Aufhebung der Sanktionen könnte ein Diplomatischer und hilfreicher Ansporn hierfür sein!


Aktuell wird jede internationale Hilfe benötigt. Welche Art von Spenden wird am meisten gebraucht? 

In der aktuellen Situation wird jede Hilfe benötigt. Insbesondere werden Sachspenden wie warme Kleidung für Frauen, Männer und Kinder (aus rechtlichen Gründen, nur originalverpackte Ware mit Etikett), Zelte, Schlafsäcke, warme Decken, Rollstühle, Gehhilfen, einfaches medizinisches Material benötigt und Nothilfe-Pakete mit Wasser und Nahrungsmittel. Als sehr effektiv zu helfen haben sich Geldspenden erwiesen. Hier können Helfer-Organisationen schnell benötigtes Material nach Bedarf selbst vor Ort besorgen und man spart sich den ganzen logistischen Aufwand mit Genehmigungen, Transport und Wartezeiten. Aus diesen Gründen, haben mir Helfer aus Aleppo für diese Art der Hilfe geraten!


Du hast bereits einiges an Hilfe organisieren können. Wie gestaltet sich diese? 

Die Bereitschaft zu helfen ist in der Bevölkerung und vor allem unter den Migranten sehr groß. Viele Familien kaufen Babynahrung, warme Klamotten usw. und bringen sie direkt zu den Sammelstellen. Es gibt aber auch welche, die in Kartons verpackte Klamotten abgeben. Beim sortieren stellt man dann allerdings fest, dass der gute Wille zu Helfen am Bedarf der betroffenen Menschen vorbei gespendet wurde. So sind zum Beispiel Modeschmuck, High Hills und Unterwäsche dabei. Das ist zwar nett, aber nicht hilfreich. Hier ist es wichtig, dass man bei den Sachspendenaufrufe nur den Bedarf anzeigt, der dringend benötigt wird und nichts anderes. Das spart Zeit, Platz und Helferhände! Aufgrund der schwierigen Situation in Nordsyrien, bitten wir hier ausschließlich um Geldspenden.


In welchen Regionen siehst du den notwendigsten Bedarf an Hilfe? 

Im Prinzip sind alle Provinzen rund um das Epizentrum betroffen und brauchen schnelle und professionelle internationale Hilfe. Dazu gehören ua. in der Türkei die Städte Hatay, Kahramanmaras, Gaziantep, Diyarbakir, Adana, Osmaniye, Sanliurfa und Iskenderun und in Nordsyrien die Provinzen Idlib und Aleppo.


Wie sieht es in Nordsyrien aus? Was macht die Unterstützung dort so schwer?

Wie bereits erwähnt, gestaltet sich die humanitäre Hilfe in Nordsyrien als sehr schwierig. Das liegt nach Medienberichten zum Teil daran, dass der Verkehr über den einzigen noch verbliebenen Grenzübergang ´Bab al-Hawa` für Hilfslieferungen derzeit erschwert bzw. gestört ist. Daher sei dieser, wegen erheblicher Schäden an einer Zufahrtsstraße nicht befahrbar und muss saniert werden. Es heißt aber auch, dass die syrische Regierung und ihr verbündeter Russland in den vergangen Jahren Schritt für Schritt die Übergänge reduziert haben, um die dortige Opposition zu isolieren und einzukesseln. Über den einzigen noch verbliebenen Grenzübergang wird derzeit viel diskutiert und gestritten. Es bleibt aber die Hoffnung, auf eine schnelle und diplomatische Lösung im Interesse aller beteiligten. Für die seit vielen Jahren unter dem Bürgerkrieg und aktuell vom verheerenden Erdbeben Notleidenden und betroffenen Menschen ist aber eine schnelle, internationale und längerfristig angesetzte Hilfe die einzigste Option auf bessere Zeiten!


Momentan ist die Hilfsbereitschaft ja sehr hoch. Siehst du hier auch eine Chance, dass diese längerfristig anhalten wird?

Ich kann leider nicht in die Zukunft schauen. Aber angesichts der derzeitigen Hilfsbereitschaft aus der ganzen Welt, haben führende und reiche Länder ihre Hilfe und Solidarität für die Türkei und Syrien angesichts des verheerenden Erdbebens ausgesprochen. Demnach sollen beide Länder neben Sachspenden auch Hilfszahlungen in mehrstelliger Millionenhöhe allein aus den Vereinigten Arabischen Emiraten erhalten. Laut Medienberichten hat auch Bundeskanzler Scholz weitere umfassende Hilfe zur Bewältigung dieses Unglücks zugesagt. Ähnliche Aussagen kommen auch aus anderen Ländern. Daher kann ich nur hoffen und appelliere an dieser Stelle, dass nach den gemachten Aussagen auch Taten folgen! 

Denn das Leid und das Ausmaß der Zerstörungen werden leider nicht über Nacht erledigt sein. Viele Menschen haben kein Zuhause mehr und wissen nicht wohin. „Issam, du kannst es dir nicht vorstellen, wie kalt es hier ist. Wir haben drei Nächte im Auto verbracht und sind total fertig“, erzählt mir mein Cousine über unsere WhatsApp-Telefonverbindung. Weiter machen eisige Temperaturen um den Gefrierpunkt den Überlebenden und Helfenden zusätzlich zu schaffen. In Deutschland bangen immer noch Angehörige um ihre Familien, die in den betroffenen Erdbebengebieten rund um das Epizentrum leben. Manche haben Gewissheit über ihre Angehörigen und wieder andere brechen weiter auf, um zu helfen, um auch verschüttete zu bergen. Eine weitere Hilfe wäre, die humanitäre Einreise von Opfern der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien zu ihren Angehörigen nach Deutschland zu holen zu ermöglichen und zu erleichtern. An dieser Stelle, ist die Bundesregierung aufgefordert, spezielle Aufnahmeprogramme für die Katastrophenopfer aufzulegen, um auch das Trauma und die Folgen der Naturkatastrophe schnell und ohne lange Wartezeiten, in einem vertrauten sozialen Umfeld in Deutschland zu verarbeiten und sich zu erholen. 

Es wird Jahre dauern, bis die physischen Schäden behoben sind. Während die psychischen Belastungen der überlebenden aufgrund des Verlustes eines geliebten angehörigen ein lebenslanges Trauma hinterlassen werden. Darauf muss man sich jetzt schon einstellen und eine professionelle und langfristig angesetzte Hilfe anbieten. „Wir stehen am Anfang eines langen Weges!“

Quelle: Cennet Tekin, Batman-Türkei


Aktionsbündnis

HUMAN PEACE PROJECT


Wenn die Erde bebt und plötzlich alles zusammenbricht. Am Montag haben heftige Erdbeben die türkisch-syrische Grenzregion erschüttert. Das Ausmaß der Zerstörung im Südosten der Türkei und im Nordosten von Syrien ist schwer in Worte zu fassen. Die Zahl der Toten steigt von Tag zu Tag und die Zeit, noch Leben zu retten, wird immer knapper. Hinzu kommt die eisige Kälte, die den brachliegenden Regionen nahezu den Atem nimmt. Es sind Millionen von Menschen, die dieser enormen Naturgewalt ausgesetzt worden sind. Millionen von Menschen, die nun angewiesen auf Hilfe sind.

 

Wir möchten helfen und ein Zeichen setzen.
Wir alle gemeinsam, das Aktionsbündnis – „Human Peace Project – Erdbeben Türkei/Syrien“. Zusammen mit vielen anderen Organisationen unterstützen wir den Spendenaufruf der Rum.- Orthodoxen St. Johannes der Täufer Weil der Stadt e.V. Gemeinde. Die Mitglieder der in der Nähe von Stuttgart angesiedelten Gemeinschaft haben ihren Ursprung in der türkischen Provinz Hatay, wo noch viele Familienangehörige und Freunde leben. Gerade diese Region wurde vom Erdbeben besonders hart getroffen. Die Menschen, auch jene, die in der Grenzregion zwischen der Türkei und Syrien leben, brauchen dringend Hilfe.
 

Wie können Sie dem Aktionsbündnis helfen?

Zunächst einmal können Sie, so banal das klingen mag, Geld spenden.
Rechtlicher Träger und Verwalter aller logistischer, administrativer und finanzieller Aktivitäten ist der gemeinnützige Verein:
   

St. Johannes der Täufer Weil der Stadt e.V.

Spendenkonto:

Kreissparkasse Böblingen

IBAN: DE62 6035 0130 0000 7169 30

BIC: BBKRDE6BXXX

VWZ: Erdbeben Antiochien


Die Gelder werden eingesetzt, um die Betroffenen vor Ort mit dem Nötigsten zu versorgen. Ein besonderer Bedarf besteht an Zelten, Schlafsäcken, warmer Kleidung, medizinischen Produkte, Hygieneartikeln und natürlich Nahrung. Geldspenden sind steuerlich absetzbar.

Das Aktionsbündnis, bestehend aus unterschiedlichen Organisationen, wird in den nächsten Tagen und Wochen über die geleistete Hilfe vor Ort, die im Besonderen der Provinz Hatay und der angrenzenden syrischen Region zukommen soll, berichten. Achten sie auf die Berichterstattung über unsere Kanäle.


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Human Peace Project – Humanitäre Hilfe nach Erdbeben in der Türkei/Syrien – Ein Interview mit mit Issam Abdul-Karim

von Manuella Woywode, Project Peacemaker e.V.

Bild: Issam Abdul-Karim


Issam, du hast Angehörige im Erdbebengebiet. Zu welcher Region erlangst du Neuigkeiten und Informationen? 

Im Süden der Türkei ist es die Küstenstadt Iskenderun und Batman im Südosten des Landes. Hier leben viele Verwandte von mir. In Syrien ist es Aleppo, wo ich viele Freunde und Bekannte habe. Seit dem verheerenden Erdbeben in der Nacht vom 5. auf dem 6. Februar telefonieren wir täglich miteinander. Da meine Verwandte, Freunde und Bekannte vom Erdbeben direkt auch betroffen sind, mache ich mir ernsthafte sorgen. Am Mittwoch erreichte mich eine traurige Nachricht aus Iskenderun. Meine Tante, die seit dem 6. Februar vermisst wurde, konnte leider zusammen mit weiteren sechs Nachbarn nur noch tot aus dem völlig zerstörten Haus geborgen werden. Das schreckliche Ereignis hatte sie alle, dem Anschein nach, schlafend in ihren Betten überrascht und getötet. Meine Cousine konnte zum Glück einen Tag zuvor lebend geborgen werden. Sie hat das Unglück leichtverletzt überlebt und ist derzeit bei Verwandten untergebracht. „Zwischen Glück und Unglück liegen machmal nur wenige Zentimeter!“ Es werden aber immer noch Verwandte von mir vermisst, so wie viele hunderte oder gar tausende weitere Menschen im gesamte Erdbebengebiet.

 In Batman ist die Lage etwas besser. Trotz einiger kleinerer und stärkerer Beben, wurde diese Stadt im Südosten der Türkei von solchen dramatischen Bildern bisher verschont. Dennoch ist auch hier die Angst sehr groß und die Menschen trauen sich kaum noch in ihre Häuser zurück. Diese hatten sie während des Erdbebens fluchtartig verlassen müssen. „Mein Sohn, mir geht es gut und allen anderen hier auch. Aber die Nachbeben sind unberechenbar und wir haben Angst. Deshalb haben wir uns schutzsuchend, bei Verwandten mit ebenerdiger Behausung vorerst einquartiert“, berichtetet mir meine Tante unter Tränen am Telefon. Dieses digitale Medium stellt für uns und andere betroffene Menschen auch, über einen WLAN-Anschluss eine sogenannte seelische Brücke und Hilfe dar! 

Aus der syrischen Stadt Aleppo erreichen mich leider auch nur traurige Nachrichten. Die Kriegsgebeutelte Stadt liegt nahe der Grenze zur Türkei und ist auch vom jüngsten Erdbeben stark betroffen. Die Menschen stehen immer noch unter Schock und haben Angst, sagt mir ein guter Freund vor Ort. Die Infrastruktur ist zusammengebrochen, viele Gebäude sind zerstört und sie wissen nicht mehr weiter. Immer noch hören sie verzweifelte Stimmen von (noch) Überlebenden, die unter den Trümmerbergen scheinbar lebendig begraben sind. Erst der Bürgerkrieg und jetzt das verheerende Erdbeben haben der Stadt und ihren Anwohnern viel abverlangt. Die Ohnmacht aber auch die Kälte und das Gefühl, von der Außenwelt vergessen und auf sich selbst gestellt zu sein, sind hier spürbar. „Bitte Issam, wir brauchen Hilfe. Sag es deinen Freunden und Helfern in Deutschland. Vergesst uns bitte nicht!“, sagt mir mein Freund Jamal am Telefon und schickt mir zeitgleich ein Video auf WhatsApp, dass ein einstürzendes Mehrfamilienhaus in Aleppo zeigt. Eiligst und unter Panik versuchen die Menschen zu fliehen, um selbst nicht unter den Trümmern des einstürzenden Gebäudes begraben zu werden. Es macht mich traurig und fassungslos, das die Menschen hier nicht zu ruhe kommen und schnelle Hilfe erfahren!


Wie ist die Lage derzeit dort? 

In den türkischen Erdbebengebieten kommen die Bergungsarbeiten trotz der vielen Helfer aus der ganzen Welt nur sehr schleppend und mühselig voran, weil schwere Werkzeuge und Fahrzeuge fehlen. Auch setzen Nachbeben die Menschen weiterhin in Angst und Schrecken. Die Verzweiflung und Sorgen sind groß, dass ein weiteres großes Erdbeben, für noch mehr Zerstörung mit noch mehr Toten und Verletzen sorgen wird. Die Situation ist sehr angespannt! Darüberhinaus finden im Mai Wahlen statt. Es liegt nahe, dass die vom großen Erdbeben betroffenen Provinzen für den Wahlausgang mitentscheidend sein werden. Daher bemühen sich Regierung und Opposition um gegenseitige Schuldzuweisungen. Ich hoffe, dass sich der Wahlkampf nicht zum Nachteil der Hilfsarbeiten in den betroffenen Provinzen entwickeln wird. Denn neben den laufenden Bergungsarbeiten und den humanitären Hilfen, brauchen die betroffenen Menschen mittelfristig einen gut strukturierenden Plan des Wiederaufbaus, Perspektiven, Hoffnung und eine Regierung die anpackt und Hilft! 

In Aleppo ist die Situation derzeit auch angespannt und ungewiss. Die Rettungsarbeiten gestalten sich unter den politischen Differenzen im Land und vor allem in den betroffenen Gebieten als sehr schwierig. Daher ist es derzeit schwierig, mit Hilfsgütern, Geräten und Helfern aus dem Ausland schnell und direkt über den Grenzübergang ´Bab al-Hawa´ in Nordsyrien in die betroffenen Gebiete zu gelangen. Die jeweils eigenen Interessen überwiegen. Daher bleibt zu hoffen, dass die Internationale Politik schnell zu einer Einigung mit den Machthabern vor Ort kommt, damit dringend benötigte Hilfe ungestört dort ankommt, wo sie am meisten gebraucht wird. Eine zumindest zeitweilige  Aufhebung der Sanktionen könnte ein Diplomatischer und hilfreicher Ansporn hierfür sein!


Aktuell wird jede internationale Hilfe benötigt. Welche Art von Spenden wird am meisten gebraucht? 

In der aktuellen Situation wird jede Hilfe benötigt. Insbesondere werden Sachspenden wie warme Kleidung für Frauen, Männer und Kinder (aus rechtlichen Gründen, nur originalverpackte Ware mit Etikett), Zelte, Schlafsäcke, warme Decken, Rollstühle, Gehhilfen, einfaches medizinisches Material benötigt und Nothilfe-Pakete mit Wasser und Nahrungsmittel. Als sehr effektiv zu helfen haben sich Geldspenden erwiesen. Hier können Helfer-Organisationen schnell benötigtes Material nach Bedarf selbst vor Ort besorgen und man spart sich den ganzen logistischen Aufwand mit Genehmigungen, Transport und Wartezeiten. Aus diesen Gründen, haben mir Helfer aus Aleppo für diese Art der Hilfe geraten!


Du hast bereits einiges an Hilfe organisieren können. Wie gestaltet sich diese? 

Die Bereitschaft zu helfen ist in der Bevölkerung und vor allem unter den Migranten sehr groß. Viele Familien kaufen Babynahrung, warme Klamotten usw. und bringen sie direkt zu den Sammelstellen. Es gibt aber auch welche, die in Kartons verpackte Klamotten abgeben. Beim sortieren stellt man dann allerdings fest, dass der gute Wille zu Helfen am Bedarf der betroffenen Menschen vorbei gespendet wurde. So sind zum Beispiel Modeschmuck, High Hills und Unterwäsche dabei. Das ist zwar nett, aber nicht hilfreich. Hier ist es wichtig, dass man bei den Sachspendenaufrufe nur den Bedarf anzeigt, der dringend benötigt wird und nichts anderes. Das spart Zeit, Platz und Helferhände! Aufgrund der schwierigen Situation in Nordsyrien, bitten wir hier ausschließlich um Geldspenden.


In welchen Regionen siehst du den notwendigsten Bedarf an Hilfe? 

Im Prinzip sind alle Provinzen rund um das Epizentrum betroffen und brauchen schnelle und professionelle internationale Hilfe. Dazu gehören ua. in der Türkei die Städte Hatay, Kahramanmaras, Gaziantep, Diyarbakir, Adana, Osmaniye, Sanliurfa und Iskenderun und in Nordsyrien die Provinzen Idlib und Aleppo.


Wie sieht es in Nordsyrien aus? Was macht die Unterstützung dort so schwer?

Wie bereits erwähnt, gestaltet sich die humanitäre Hilfe in Nordsyrien als sehr schwierig. Das liegt nach Medienberichten zum Teil daran, dass der Verkehr über den einzigen noch verbliebenen Grenzübergang ´Bab al-Hawa` für Hilfslieferungen derzeit erschwert bzw. gestört ist. Daher sei dieser, wegen erheblicher Schäden an einer Zufahrtsstraße nicht befahrbar und muss saniert werden. Es heißt aber auch, dass die syrische Regierung und ihr verbündeter Russland in den vergangen Jahren Schritt für Schritt die Übergänge reduziert haben, um die dortige Opposition zu isolieren und einzukesseln. Über den einzigen noch verbliebenen Grenzübergang wird derzeit viel diskutiert und gestritten. Es bleibt aber die Hoffnung, auf eine schnelle und diplomatische Lösung im Interesse aller beteiligten. Für die seit vielen Jahren unter dem Bürgerkrieg und aktuell vom verheerenden Erdbeben Notleidenden und betroffenen Menschen ist aber eine schnelle, internationale und längerfristig angesetzte Hilfe die einzigste Option auf bessere Zeiten!


Momentan ist die Hilfsbereitschaft ja sehr hoch. Siehst du hier auch eine Chance, dass diese längerfristig anhalten wird?

Ich kann leider nicht in die Zukunft schauen. Aber angesichts der derzeitigen Hilfsbereitschaft aus der ganzen Welt, haben führende und reiche Länder ihre Hilfe und Solidarität für die Türkei und Syrien angesichts des verheerenden Erdbebens ausgesprochen. Demnach sollen beide Länder neben Sachspenden auch Hilfszahlungen in mehrstelliger Millionenhöhe allein aus den Vereinigten Arabischen Emiraten erhalten. Laut Medienberichten hat auch Bundeskanzler Scholz weitere umfassende Hilfe zur Bewältigung dieses Unglücks zugesagt. Ähnliche Aussagen kommen auch aus anderen Ländern. Daher kann ich nur hoffen und appelliere an dieser Stelle, dass nach den gemachten Aussagen auch Taten folgen! 

Denn das Leid und das Ausmaß der Zerstörungen werden leider nicht über Nacht erledigt sein. Viele Menschen haben kein Zuhause mehr und wissen nicht wohin. „Issam, du kannst es dir nicht vorstellen, wie kalt es hier ist. Wir haben drei Nächte im Auto verbracht und sind total fertig“, erzählt mir mein Cousine über unsere WhatsApp-Telefonverbindung. Weiter machen eisige Temperaturen um den Gefrierpunkt den Überlebenden und Helfenden zusätzlich zu schaffen. In Deutschland bangen immer noch Angehörige um ihre Familien, die in den betroffenen Erdbebengebieten rund um das Epizentrum leben. Manche haben Gewissheit über ihre Angehörigen und wieder andere brechen weiter auf, um zu helfen, um auch verschüttete zu bergen. Eine weitere Hilfe wäre, die humanitäre Einreise von Opfern der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien zu ihren Angehörigen nach Deutschland zu holen zu ermöglichen und zu erleichtern. An dieser Stelle, ist die Bundesregierung aufgefordert, spezielle Aufnahmeprogramme für die Katastrophenopfer aufzulegen, um auch das Trauma und die Folgen der Naturkatastrophe schnell und ohne lange Wartezeiten, in einem vertrauten sozialen Umfeld in Deutschland zu verarbeiten und sich zu erholen. 

Es wird Jahre dauern, bis die physischen Schäden behoben sind. Während die psychischen Belastungen der überlebenden aufgrund des Verlustes eines geliebten angehörigen ein lebenslanges Trauma hinterlassen werden. Darauf muss man sich jetzt schon einstellen und eine professionelle und langfristig angesetzte Hilfe anbieten. „Wir stehen am Anfang eines langen Weges!“

Quelle: Cennet Tekin, Batman-Türkei

Human Peace Project – Humanitäre Hilfe nach Erdbeben in der Türkei/Syrien – Ein Interview mit Sezgin

von Manuella Woywode, Project Peacemaker e.V.

 

Sezgin ist in Augsburg geboren und aufgewachsen. Seine Familie kommt aus der Türkei. Sein Vater ist in Adana geboren und in Mersin aufgewachsen, seine Mutter in Antakya. Sezgin ist seit zwanzig Jahren gelernter Speditionskaufmann und tätig im Logistikunternehmen Dachser, welches zudem seine Hilfe für die Erdbebenopfer bereitstellt.


Innerhalb eines Interviews berichtet Sezgin über die aktuelle Lage der Region Antakya und ihrer Umgebung.


„Die mütterliche Seite meiner Familie und die komplette Familie meiner Frau kommen aus Antakya. Meine Mutter aus dem Gebiet Armutlu und die Familie meiner Frau aus Harbie. Ich erhalte aus dem ganzen Gebiet Antakya und zudem darüber hinaus, aus der Umgebung, Informationen über die Lage. Sie ist viel schlimmer als man dies aus den Nachrichten hören oder lesen kann. Kleinkinder, die ihre Eltern verloren haben (die gestorben sind), oder auch wirklich nicht wieder finden können. Hier gibt es auch eine Liste mit Kindern, die man gefunden hat und bei denen es unklar ist, ob die Eltern noch leben oder nicht. Schwere Geräte warten seit drei Tagen auf Erlaubnis zu helfen. Das ist eine politische Entscheidung. Das Rote Kreuz und die Stadt Aalen haben bereits fast 100 Fahrzeuge in die Türkei verladen. Diese kommen nach und nach an. Aktuell werden keine Klamotten und Decken benötigt. Was viel notwendiger ist, sind Medikamente und vor allem Licht. In Antakya gibt es keine Infrastruktur. Kein Wasser, kein Strom. Die wichtigsten Gebiete sind tatsächlich Harbie und Antakya, denn von der Regierung werden keine Zeltlager zur Verfügung gestellt. Die Menschen übernachten bei winterlichem Wetter auf der Straße oder in Autos. Die Tragik einzelner ist sehr schlimm. Wie man die Verschütteten findet, erzählt die Geschichten kurz vor deren tot. Eine Mutter hat tatsächlich unter dem Schutt entbunden. Ihr Kind überlebt, sie selbst leider nicht. Man hat einen Vater gefunden, der seinen Sohn umarmt Leider sind beide verstorben. Die Mutter und das zweite Kind hat man bis heute noch nicht gefunden. Kinder, die schreien, dass es kalt ist. Kinder, die schreien, weil sie Angst haben. Doch die Schreie aus den Trümmern verstummen nach und nach. Langsam füllt sich das Gebiet mit dem Geruch von Verwesung. 


Quelle: Sezgin

Human Peace Project – Humanitäre Hilfe nach Erdbeben in der Türkei/Syrien – Ein Interview mit Sezgin

von Manuella Woywode, Project Peacemaker e.V.

 

Sezgin ist in Augsburg geboren und aufgewachsen. Seine Familie kommt aus der Türkei. Sein Vater ist in Adana geboren und in Mersin aufgewachsen, seine Mutter in Antakya. Sezgin ist seit zwanzig Jahren gelernter Speditionskaufmann und tätig im Logistikunternehmen Dachser, welches zudem seine Hilfe für die Erdbebenopfer bereitstellt.


Innerhalb eines Interviews berichtet Sezgin über die aktuelle Lage der Region Antakya und ihrer Umgebung.


„Die mütterliche Seite meiner Familie und die komplette Familie meiner Frau kommen aus Antakya. Meine Mutter aus dem Gebiet Armutlu und die Familie meiner Frau aus Harbie. Ich erhalte aus dem ganzen Gebiet Antakya und zudem darüber hinaus, aus der Umgebung, Informationen über die Lage. Sie ist viel schlimmer als man dies aus den Nachrichten hören oder lesen kann. Kleinkinder, die ihre Eltern verloren haben (die gestorben sind), oder auch wirklich nicht wieder finden können. Hier gibt es auch eine Liste mit Kindern, die man gefunden hat und bei denen es unklar ist, ob die Eltern noch leben oder nicht. Schwere Geräte warten seit drei Tagen auf Erlaubnis zu helfen. Das ist eine politische Entscheidung. Das Rote Kreuz und die Stadt Aalen haben bereits fast 100 Fahrzeuge in die Türkei verladen. Diese kommen nach und nach an. Aktuell werden keine Klamotten und Decken benötigt. Was viel notwendiger ist, sind Medikamente und vor allem Licht. In Antakya gibt es keine Infrastruktur. Kein Wasser, kein Strom. Die wichtigsten Gebiete sind tatsächlich Harbie und Antakya, denn von der Regierung werden keine Zeltlager zur Verfügung gestellt. Die Menschen übernachten bei winterlichem Wetter auf der Straße oder in Autos. Die Tragik einzelner ist sehr schlimm. Wie man die Verschütteten findet, erzählt die Geschichten kurz vor deren tot. Eine Mutter hat tatsächlich unter dem Schutt entbunden. Ihr Kind überlebt, sie selbst leider nicht. Man hat einen Vater gefunden, der seinen Sohn umarmt Leider sind beide verstorben. Die Mutter und das zweite Kind hat man bis heute noch nicht gefunden. Kinder, die schreien, dass es kalt ist. Kinder, die schreien, weil sie Angst haben. Doch die Schreie aus den Trümmern verstummen nach und nach. Langsam füllt sich das Gebiet mit dem Geruch von Verwesung. 

Quelle: Sezgin


Human Peace Project – Humanitäre Hilfe nach Erdbeben in der Türkei/Syrien – Ein Interview mit Sezgin

von Manuella Woywode, Project Peacemaker e.V.

 

Sezgin ist in Augsburg geboren und aufgewachsen. Seine Familie kommt aus der Türkei. Sein Vater ist in Adana geboren und in Mersin aufgewachsen, seine Mutter in Antakya. Sezgin ist seit zwanzig Jahren gelernter Speditionskaufmann und tätig im Logistikunternehmen Dachser, welches zudem seine Hilfe für die Erdbebenopfer bereitstellt.


Innerhalb eines Interviews berichtet Sezgin über die aktuelle Lage der Region Antakya und ihrer Umgebung.


„Die mütterliche Seite meiner Familie und die komplette Familie meiner Frau kommen aus Antakya. Meine Mutter aus dem Gebiet Armutlu und die Familie meiner Frau aus Harbie. Ich erhalte aus dem ganzen Gebiet Antakya und zudem darüber hinaus, aus der Umgebung, Informationen über die Lage. Sie ist viel schlimmer als man dies aus den Nachrichten hören oder lesen kann. Kleinkinder, die ihre Eltern verloren haben (die gestorben sind), oder auch wirklich nicht wieder finden können. Hier gibt es auch eine Liste mit Kindern, die man gefunden hat und bei denen es unklar ist, ob die Eltern noch leben oder nicht. Schwere Geräte warten seit drei Tagen auf Erlaubnis zu helfen. Das ist eine politische Entscheidung. Das Rote Kreuz und die Stadt Aalen haben bereits fast 100 Fahrzeuge in die Türkei verladen. Diese kommen nach und nach an. Aktuell werden keine Klamotten und Decken benötigt. Was viel notwendiger ist, sind Medikamente und vor allem Licht. In Antakya gibt es keine Infrastruktur. Kein Wasser, kein Strom. Die wichtigsten Gebiete sind tatsächlich Harbie und Antakya, denn von der Regierung werden keine Zeltlager zur Verfügung gestellt. Die Menschen übernachten bei winterlichem Wetter auf der Straße oder in Autos. Die Tragik einzelner ist sehr schlimm. Wie man die Verschütteten findet, erzählt die Geschichten kurz vor deren tot. Eine Mutter hat tatsächlich unter dem Schutt entbunden. Ihr Kind überlebt, sie selbst leider nicht. Man hat einen Vater gefunden, der seinen Sohn umarmt Leider sind beide verstorben. Die Mutter und das zweite Kind hat man bis heute noch nicht gefunden. Kinder, die schreien, dass es kalt ist. Kinder, die schreien, weil sie Angst haben. Doch die Schreie aus den Trümmern verstummen nach und nach. Langsam füllt sich das Gebiet mit dem Geruch von Verwesung. 

Quelle: Sezgin



Human Peace Project – Humanitäre Hilfe nach Erdbeben in der Türkei/Syrien – Ein Interview mit Ferit Johannes Tekbas

von Manuella Woywode, Project Peacemaker e.V.

Bild: Ferit Johannes Tekbas


Ferit Johannes Tekbas kam in Samandag - Antakya / Türkei auf die Welt und gehört der Rum.-Orthodoxen Kirche an. Seit seiner Kindheit lebt Ferit in Deutschland. Ferit ist als Schriftsteller tätig, dabei schreibt er hauptsächlich über theologische, historische und kulturelle Themen über Rum-Orthodoxen Christen. Zudem ist er Mitgründer und Vorstandsmitglied von ZeROChA (Zentralrat zur Förderung und Schutz der Kultur der Rum-Orthodoxen Christen von Antiochien e.V.) und dem Portal NEHNA. Im Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland e.V. (ZOCD) ist Ferit ebenfalls im Vorstand tätig. Durch seine Beratertätigkeiten bei den rum-orthodoxen Gemeinden in Deutschland und der Türkei, ist er bestens über die aktuelle Situation vor Ort informiert.


Du hast Angehörige im Erdbebengebiet. Zu welcher Region erlangst du Neuigkeiten und Informationen? 

Meine Mutter lebt in Samandağ und ist Gottseidank am Leben. Dank unserer Verwandtschaft in Antakya, Iskenderun, Altinözü und Mersin und unserer ehrenamtlichen Arbeit für NEHNA - PORTAL sind wir sehr gut über die aktuelle Situation vor Ort informiert. Leider ist die Lage in den anderen Erdbebengebieten der Türkei nicht besser als in der Region Hatay. Noch dramatischer ist die Situation im Norden Syriens. Dort fühlt sich das syrische Regime nicht für die Erdbebenopfer verantwortlich, weil die Kurden und die Türkei vor Ort sind. Die Türkei kann da nicht helfen, weil sie selbst sehr betroffen ist. Die Lage in den vom Regime kontrollierten Gebieten, wie Aleppo, ist auch deshalb sehr schlecht, weil die internationale Hilfe das Regime nicht erreicht. Weil sie boykottiert wird. Wir dürfen die Menschen in Syrien und der Türkei nicht vergessen. Nicht die politische Führung der jeweils betroffenen Länder, sondern die Menschen, die ihre Heimat und möglicherweise Familienangehörige verloren haben, sollten im Vordergrund stehen und unsere Hilfe bekommen. 


In der Provinz Hatay, insbesondere in Antakya, ist die Situation sehr dramatisch. Die meisten Gebäude im Stadtzentrum sind zusammengebrochen. Viele Menschen konnten nicht aus den Trümmern gerettet werden. Die Hilfe aus der Türkei und dem Rest der Welt kam leider verspätet an, da die Straßen und der Flughafen von Hatay durch das Erdbeben sehr schwer beschädigt wurden. Die Überlebenden versuchten, ihre Familien oder Freunde eigenhändig aus den Trümmern zu retten, bevor die Rettungskräfte eintrafen. Leider sind die Rettungskräfte mit der massiven Zerstörung der Stadt und dem Ausmaß überfordert. Es konnten noch einige Menschenleben gerettet werden. Dennoch ist die Anzahl an Menschen, die nicht gerettet werden konnten, sehr hoch und stündlich steigt die Zahl der Todesopfer. Ich denke auch, dass die Zahl über die Erdbebenopfer, die derzeit aus den Medien zu entnehmen ist, viel zu niedrig angesetzt wird. Wir müssen vorbereitet sein, denn wir haben so viele Menschen verloren.


Wie ist die Lage derzeit dort? 

Viele Überlebende des Erdbebens flohen zu ihren Verwandten in andere Teile der Türkei, zum Beispiel nach Mersin, sobald sie die Möglichkeiten dazu haben. Ich weiß, dass die orthodoxe Gemeinde in Mersin viele Menschen aus Hatay aufnimmt. Die Kirche ist aktuell in ein Gästehaus umgewandelt worden. Die Stadtverwaltung von Mersin leistet den Menschen in Hatay eine große Hilfe. Wir sollten alle Hilfsorganisationen, die Kirchengemeinden, die Stadtverwaltung und die gesamte Bevölkerung von Mersin nicht vergessen, sondern dafür danken, indem wir sie finanziell unterstützen. Wie meine Mutter haben viele Menschen, deren Häuser bei dem Erdbeben nicht zerstört wurden, Menschen aufgenommen, die kein Dach über den Kopf mehr haben. Eine Nachbarsfamilie, deren Haus teilweise beschädigt und nun unbewohnbar ist, wohnt jetzt bei meiner Mutter.


Doch neben all der Hilfe, werden In Iskenderun oder Antakya auch Supermärkte ausgeraubt. Das Risiko, dass leerstehende Häuser geplündert oder alleinlebende, ältere Menschen überfallen werden und um ihr Leben fürchten müssen, ist derzeit sehr hoch. Die dramatische Situation in den Erdbebengebieten wird uns noch Monate, vielleicht sogar Jahre begleiten.


Aktuell wird jede internationale Hilfe benötigt. Welche Art von Spenden wird am meisten gebraucht?  

Es werden dringend Zelte, Winterkleidung, medizinische Produkte, Lebensmittel, Decken, Hygieneartikel, Babywindeln, Babynahrung und Schlafsäcke benötigt. Mit den Geldspenden können sie Generatoren und Benzin für ihre Autos kaufen, da es aktuell keinen Strom gibt. Ein Problem für viele sind die chronisch Kranken, die auf Medikamente angewiesen sind. Diese Unterstützung ist für die erste Phase notwendig. Die Hilfe, die wir leisten müssen, wird langfristig sein. Das müssen wir alle bedenken. Wir alle erwarten von Deutschland und der Europäischen Union einen Gesetzesentwurf, der es unseren, vom Erdbeben betroffenen, Angehörigen ermöglicht, wenn auch nur kurzfristig, nach Deutschland und in die EU zu kommen.


Du hast bereits einiges an Hilfe organisieren können. Wie gestaltet sich diese?  

Wir konnten privat kleine Spenden organisieren. Allein können wir nicht viel ausrichten, deshalb haben wir eine Spendenaktion mit der Antiochia-Orthodoxen Gemeinde in Stuttgart gestartet. An dieser Hilfsaktion sind folgende Organisationen beteiligt. Gemeinsam mit Projekt Peacemaker e.V., IGOC, Nehna, ZOCD, Oannes Journalism, Oannes Consulting GmbH und Aktion - Einfach Machen, haben wir diese Hilfsaktion gegründet, bei der es unter anderem darum geht, den Menschen in Hatay und Nordsyrien zu unterstützen. Am 11. Februar war ich vor Ort in Augsburg im IGOC-Hilfswarenlager. Dort traf ich Paulus Kurt vom IGOC, Simon Jacob und der Vorsitzender der orthodoxen Gemeinde aus Stuttgart Ibrahim Bal. Wir haben die gespendeten Sachen begutachtet. All das macht uns große Hoffnung und die Geldspenden kommen noch dazu. Ich bin überzeugt davon, dass wir durch diese Aktion sehr hilfreich sein können. Die Menschen in Deutschland sind von der Katastrophe in der Türkei und in Syrien sehr betroffen. Viele sind bereit zu helfen. Zudem haben mich am 17. Februar Mitri Sirin und Dunja Hayali, zwei deutsche Fernsehmoderatoren und Journalisten, zu unserer Wohltätigkeitskampagne interviewt. Die Hälfte der Spenden, die sie für das Erdbeben in Antiochia gesammelt haben, werden sie unserer Hilfsaktion zukommen lassen.


In welchen Regionen siehst du den notwendigsten Bedarf an Hilfe? 

Daher gilt unsere Hilfsaktion für Nordsyrien und die Region Hatay: Hatay ist besonders von Antakya betroffen, dicht gefolgt davon wurde die Stadt Samandağ höchstwahrscheinlich am meisten zerstört. Aber Sie können sich sicher sein, dass wir in allen Bezirken von Hatay, wo Hilfe benötigt wird, gleichermaßen helfen werden, soweit wir es können und es in unserer Macht steht. Die Gemeinde Mersin spielt eine wichtige Rolle bei der Organisation und Koordinierung der Hilfen, denn Mersin ist von diesem Erdbeben nicht betroffen und liegt geographisch sehr nahe bei Hatay. Außerdem stehen sich die Menschen in Mersin und Hatay sehr nahe. Das war schon immer so, davon bedingt, dass sehr viele Familien aus der Region stammen.


Human Peace Project – Humanitäre Hilfe nach Erdbeben in der Türkei/Syrien – Ein Interview mit Ferit Johannes Tekbas

von Manuella Woywode, Project Peacemaker e.V.

Bild: Ferit Johannes Tekbas


Ferit Johannes Tekbas kam in Samandag - Antakya / Türkei auf die Welt und gehört der Rum.-Orthodoxen Kirche an. Seit seiner Kindheit lebt Ferit in Deutschland. Ferit ist als Schriftsteller tätig, dabei schreibt er hauptsächlich über theologische, historische und kulturelle Themen über Rum-Orthodoxen Christen. Zudem ist er Mitgründer und Vorstandsmitglied von ZeROChA (Zentralrat zur Förderung und Schutz der Kultur der Rum-Orthodoxen Christen von Antiochien e.V.) und dem Portal NEHNA. Im Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland e.V. (ZOCD) ist Ferit ebenfalls im Vorstand tätig. Durch seine Beratertätigkeiten bei den rum-orthodoxen Gemeinden in Deutschland und der Türkei, ist er bestens über die aktuelle Situation vor Ort informiert.


Du hast Angehörige im Erdbebengebiet. Zu welcher Region erlangst du Neuigkeiten und Informationen? 

Meine Mutter lebt in Samandağ und ist Gottseidank am Leben. Dank unserer Verwandtschaft in Antakya, Iskenderun, Altinözü und Mersin und unserer ehrenamtlichen Arbeit für NEHNA - PORTAL sind wir sehr gut über die aktuelle Situation vor Ort informiert. Leider ist die Lage in den anderen Erdbebengebieten der Türkei nicht besser als in der Region Hatay. Noch dramatischer ist die Situation im Norden Syriens. Dort fühlt sich das syrische Regime nicht für die Erdbebenopfer verantwortlich, weil die Kurden und die Türkei vor Ort sind. Die Türkei kann da nicht helfen, weil sie selbst sehr betroffen ist. Die Lage in den vom Regime kontrollierten Gebieten, wie Aleppo, ist auch deshalb sehr schlecht, weil die internationale Hilfe das Regime nicht erreicht. Weil sie boykottiert wird. Wir dürfen die Menschen in Syrien und der Türkei nicht vergessen. Nicht die politische Führung der jeweils betroffenen Länder, sondern die Menschen, die ihre Heimat und möglicherweise Familienangehörige verloren haben, sollten im Vordergrund stehen und unsere Hilfe bekommen. 


In der Provinz Hatay, insbesondere in Antakya, ist die Situation sehr dramatisch. Die meisten Gebäude im Stadtzentrum sind zusammengebrochen. Viele Menschen konnten nicht aus den Trümmern gerettet werden. Die Hilfe aus der Türkei und dem Rest der Welt kam leider verspätet an, da die Straßen und der Flughafen von Hatay durch das Erdbeben sehr schwer beschädigt wurden. Die Überlebenden versuchten, ihre Familien oder Freunde eigenhändig aus den Trümmern zu retten, bevor die Rettungskräfte eintrafen. Leider sind die Rettungskräfte mit der massiven Zerstörung der Stadt und dem Ausmaß überfordert. Es konnten noch einige Menschenleben gerettet werden. Dennoch ist die Anzahl an Menschen, die nicht gerettet werden konnten, sehr hoch und stündlich steigt die Zahl der Todesopfer. Ich denke auch, dass die Zahl über die Erdbebenopfer, die derzeit aus den Medien zu entnehmen ist, viel zu niedrig angesetzt wird. Wir müssen vorbereitet sein, denn wir haben so viele Menschen verloren.


Wie ist die Lage derzeit dort? 

Viele Überlebende des Erdbebens flohen zu ihren Verwandten in andere Teile der Türkei, zum Beispiel nach Mersin, sobald sie die Möglichkeiten dazu haben. Ich weiß, dass die orthodoxe Gemeinde in Mersin viele Menschen aus Hatay aufnimmt. Die Kirche ist aktuell in ein Gästehaus umgewandelt worden. Die Stadtverwaltung von Mersin leistet den Menschen in Hatay eine große Hilfe. Wir sollten alle Hilfsorganisationen, die Kirchengemeinden, die Stadtverwaltung und die gesamte Bevölkerung von Mersin nicht vergessen, sondern dafür danken, indem wir sie finanziell unterstützen. Wie meine Mutter haben viele Menschen, deren Häuser bei dem Erdbeben nicht zerstört wurden, Menschen aufgenommen, die kein Dach über den Kopf mehr haben. Eine Nachbarsfamilie, deren Haus teilweise beschädigt und nun unbewohnbar ist, wohnt jetzt bei meiner Mutter.


Doch neben all der Hilfe, werden In Iskenderun oder Antakya auch Supermärkte ausgeraubt. Das Risiko, dass leerstehende Häuser geplündert oder alleinlebende, ältere Menschen überfallen werden und um ihr Leben fürchten müssen, ist derzeit sehr hoch. Die dramatische Situation in den Erdbebengebieten wird uns noch Monate, vielleicht sogar Jahre begleiten.


Aktuell wird jede internationale Hilfe benötigt. Welche Art von Spenden wird am meisten gebraucht?  

Es werden dringend Zelte, Winterkleidung, medizinische Produkte, Lebensmittel, Decken, Hygieneartikel, Babywindeln, Babynahrung und Schlafsäcke benötigt. Mit den Geldspenden können sie Generatoren und Benzin für ihre Autos kaufen, da es aktuell keinen Strom gibt. Ein Problem für viele sind die chronisch Kranken, die auf Medikamente angewiesen sind. Diese Unterstützung ist für die erste Phase notwendig. Die Hilfe, die wir leisten müssen, wird langfristig sein. Das müssen wir alle bedenken. Wir alle erwarten von Deutschland und der Europäischen Union einen Gesetzesentwurf, der es unseren, vom Erdbeben betroffenen, Angehörigen ermöglicht, wenn auch nur kurzfristig, nach Deutschland und in die EU zu kommen.


Du hast bereits einiges an Hilfe organisieren können. Wie gestaltet sich diese?  

Wir konnten privat kleine Spenden organisieren. Allein können wir nicht viel ausrichten, deshalb haben wir eine Spendenaktion mit der Antiochia-Orthodoxen Gemeinde in Stuttgart gestartet. An dieser Hilfsaktion sind folgende Organisationen beteiligt. Gemeinsam mit Projekt Peacemaker e.V., IGOC, Nehna, ZOCD, Oannes Journalism, Oannes Consulting GmbH und Aktion - Einfach Machen, haben wir diese Hilfsaktion gegründet, bei der es unter anderem darum geht, den Menschen in Hatay und Nordsyrien zu unterstützen. Am 11. Februar war ich vor Ort in Augsburg im IGOC-Hilfswarenlager. Dort traf ich Paulus Kurt vom IGOC, Simon Jacob und der Vorsitzender der orthodoxen Gemeinde aus Stuttgart Ibrahim Bal. Wir haben die gespendeten Sachen begutachtet. All das macht uns große Hoffnung und die Geldspenden kommen noch dazu. Ich bin überzeugt davon, dass wir durch diese Aktion sehr hilfreich sein können. Die Menschen in Deutschland sind von der Katastrophe in der Türkei und in Syrien sehr betroffen. Viele sind bereit zu helfen. Zudem haben mich am 17. Februar Mitri Sirin und Dunja Hayali, zwei deutsche Fernsehmoderatoren und Journalisten, zu unserer Wohltätigkeitskampagne interviewt. Die Hälfte der Spenden, die sie für das Erdbeben in Antiochia gesammelt haben, werden sie unserer Hilfsaktion zukommen lassen.


In welchen Regionen siehst du den notwendigsten Bedarf an Hilfe? 

Daher gilt unsere Hilfsaktion für Nordsyrien und die Region Hatay: Hatay ist besonders von Antakya betroffen, dicht gefolgt davon wurde die Stadt Samandağ höchstwahrscheinlich am meisten zerstört. Aber Sie können sich sicher sein, dass wir in allen Bezirken von Hatay, wo Hilfe benötigt wird, gleichermaßen helfen werden, soweit wir es können und es in unserer Macht steht. Die Gemeinde Mersin spielt eine wichtige Rolle bei der Organisation und Koordinierung der Hilfen, denn Mersin ist von diesem Erdbeben nicht betroffen und liegt geographisch sehr nahe bei Hatay. Außerdem stehen sich die Menschen in Mersin und Hatay sehr nahe. Das war schon immer so, davon bedingt, dass sehr viele Familien aus der Region stammen.


Human Peace Project – Humanitäre Hilfe nach Erdbeben in der Türkei/Syrien – Ein Interview mit Can Arap

von Ferit Johannes Tekbas, ZOCD, 

Bilder: www.nehna.org


"Unsere Kirche und die Bevölkerung von Mersin eilten zur Solidarität mit unseren Geschwistern in Hatay’


Die Griechisch-Orthodoxe Kirche von Mersin hat seit dem 6. Februar, als die Erdbeben begannen, den Opfern, die aus Antakya und Umgebung kamen, Unterkunft angeboten. Zuerst wurden die Gästehäuser der Kirche genutzt, später wurde das Innere der Kirche zu einem Schlafsaal umgebaut. Darüber hinaus wurde von der Kirche in Mersin mehrere Hilfeleistungen für die Region organisiert. Wir haben mit dem Vorsitzenden der Mersin Griechisch-Orthodoxen Kirchengemeinde, Can Arap, darüber gesprochen, wie das Erdbeben in Mersin gespürt wurde und welche Hilfsaktivitäten von der Kirche durchgeführt wurden. 


Herr Arap, zunächst einmal möchte ich mein Beileid ausdrücken. Bevor ich frage, was Sie nach dem Erdbeben getan haben, möchte ich wissen, wie Sie das Erdbeben erlebt haben. Wurde es auch in Mersin stark gespürt?

Man kann ein Erdbeben nicht verstehen, ohne es erlebt zu haben!!! Durch meinen früheren Beruf bin ich viel gereist und habe in Hotels in Malatya und Elazığ viele Erdbeben miterlebt. Ich erinnere mich, dass ich oft aus meinem Hotelzimmer geflüchtet bin. Dieses Beben jedoch war anders und selbst in Mersin spürte man es auf eine schockierende Art und Weise. Erst bebte das Bett, dann begann das Gebäude zu wackeln, so stark, dass wir keine Chance hatten zu laufen, darum legten wir uns in die Türschwelle, meine Frau über unsere kleine Tochter und ich über unsere große Tochter gebeugt, um sie zu schützen. Wir dachten alle: „Jetzt ist es vorbei!“. Es ist fast unmöglich zu verstehen was die Menschen in den stark betroffenen Provinzen gesehen und erlebt haben. Es ist sehr schwer zu verstehen, wenn man es nicht gesehen und erlebt hat. Ich persönlich habe in der Griechisch-Orthodoxen Kirche von Mersin viel mit den Erdbebenopfern geweint, die aus dem Erdbebengebiet nach Mersin gekommen sind. Ich konnte sie nicht verstehen, aber vielleicht habe ich ihnen durch das gemeinsame Weinen Erleichterung verschafft… Auch wenn es nur ein kleines bisschen war… Wir, d.h. jeder Freiwillige, jedes Mitglied der Griechisch-Orthodoxen Kirche von Mersin, hat seine Seele eingesetzt, um den Erdbebenopfern in diesem Prozess zu helfen. 


Sogar in Mersin, das nicht vom Erdbeben verwüstet wurde, herrschte eine große Panik. Alle nahmen ihre Familien mit und strömten in die Autos oder auf freie Flächen. Ich brauchte 45-50 Minuten, um zum Haus meiner Mutter zu gelangen, zu dem ich normalerweise in 3-4 Minuten fahre. Ich wollte sie abholen und zu meinen Kindern zurückkehren, aber als der Verkehr dies nicht zuließ, kam ich mit meiner Mutter zu unserer Kirche. Ich erkannte, dass die Menschen in die Kirche kamen, weil sie ein offener Raum war, also lud ich die Menschen in meiner Umgebung/Gemeinde in die Kirche ein. So kamen in den frühen Morgenstunden die meisten von uns in der griechisch-orthodoxen Kirche von Mersin zusammen. 


Der Kirchhof wurde in den ersten Momenten des Erdbebens zu einem Sammelpunkt. Wie ist es passiert?

Am Abend des 6. und 7. Februars waren mindestens 150-200 von uns in unserer Kirche. In dieser Umgebung waren unsere Freunde, Nachbarn, die Bewohner der umliegenden Gebäude, kurz gesagt, Christen und Muslime, alle zusammen. Für alle wurde eine Suppe serviert. Da sich der Saal unserer Kirche im Erdgeschoss befindet und man davon ausging, dass er im Falle eines Nachbebens leicht zu evakuieren wäre, zogen es alle vor, in unserem Saal zu bleiben. Aufgrund der Stärke des Erdbebens herrschte unter den Menschen ein großes Gefühl der Angst und Panik, und es dauerte Tage, bis wir uns psychologisch von dem Schock des Ereignisses erholt hatten. 


Am Tag vor dem Erdbeben waren die Vorsitzenden und die Väter der orthodoxen Kirchen von Antakya, Iskenderun und Mersin nach Beirut gereist, um Seine Seligkeit Patriarch Johannes X., den Patriarchen von Antiochien und dem gesamten Osten, zu besuchen. Ihr Rückflug erfolgte am Tag des Erdbebens, drei Stunden vor dem Erdbeben… Nach dem Ereignis gab es ernsthafte Probleme bei dem Versuch, die Leiter der Gemeinden in Antakya und Iskenderun zu erreichen, die am stärksten von dem Erdbeben betroffen waren und große Zerstörungen erlitten. Diese Situation löste in der Gemeinde Mersin große Besorgnis aus. Von unseren Brüdern und Schwestern in Hatay konnten wir keine Informationen erhalten, da die Presse über andere Provinzen berichtete, z. B. wurde zwei Tage lang viel über die 20 eingestürzten Gebäude in Adana gesprochen, während Hatay fast nie erwähnt wurde. Damit soll der Schmerz über unsere Verluste in Adana nicht verharmlost werden. Jeder Verlust ist groß und irreparabel. 


Welche Arten von Hilfeleistungen hat die Griechisch-Orthodoxe Kirche von Mersin geleistet? Waren es nur Christen die von diesen Hilfen profitiert haben?

Aufgrund der Informationen, die wir aus den Regionen, die wir erreichen konnten, und aus den Nachrichten erhielten, dachten wir, dass wir auf die Hilferufe reagieren und die Regionen, die große Zerstörungen erleben, unterstützen sollten, und wir wurden aktiv, einschließlich der Frauengruppe und des Jugendausschusses der Gemeinde. Die griechisch-orthodoxe Gemeinde von Mersin mobilisierte sich sofort und eilte zu ihren Brüdern und Schwestern in Hatay, egal ob es sich um Kinder, Jugendliche, Erwachsene oder ältere Menschen handelte. 


Noch bevor wir als Gemeinde dazu aufgerufen hatten, strömten die Mitglieder unserer Kirche mit Hilfsgütern, materieller und moralischer Hilfe herbei, als gäbe es kein Morgen. Auch unsere Nachbarn und das Volk in Mersin hat solidarität mit Antakya, İskenderun, Samandağ, Altınözü, Tokaçlı und Vakıflı bekundet und uns unterstützt, egal welcher Glaubensrichtung sie entstammten. Das schöne Mersin war das beste Beispiel für Solidarität und stand uns mit seiner Stadtverwaltung, seinen zivilen Organisationen und anderen Einrichtungen zur Seite. Es war Zeit für Solidarität, und das haben wir in Mersin erreicht. 


Trotz der Gerüchte über Plünderungen gingen wir das Risiko ein und fuhren 15-16 Stunden mit unseren Privatwagen, eine Strecke die eigentlich 3-4 Stunden dauert. Wir füllten die Spenden aus unserer Gemeinde in unsere Autos und lieferten sie an die Hilfsbedürftigen. Unsere Priorität waren Grundnahrungsmittel wie Wasser und Brot. Die ersten 2-3 Tage vergingen auf diese Weise. Später, als der Notstand ausgerufen wurde, beantragten wir mit mir als Vorstandsvorsitzendem und İsa Şengül, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden, beim Gouverneursamt die Genehmigung für die Durchfahrt der Fahrzeuge. Die Beamten des Gouverneursamtes empfingen uns sehr herzlich und wohlwollend und erteilten uns die notwendigen Genehmigungen für die Hilfe. 


Das Verfahren wurde sowohl mit unseren eigenen Fahrzeugen als auch mit den von uns gemieteten Kleinbussen fortgesetzt. Der Grund, warum wir Vans und Minibusse bevorzugten, war, dass sie die Hilfstransporter auf der Straße leichter und schneller passieren konnten. Die Lastwagen blockierten die Straßen, es bildeten sich lange LKW-Schlangen. 


In der Zwischenzeit gingen die Spenden in Form von gebrauchter, sauberer Kleidung, allen Arten von Lebensmitteln und Reinigungsmitteln weiter, aber das reichte nicht aus. Plötzlich kamen Spenden von unseren Freunden und zivilen Organisationen aus dem Ausland. Diese Spenden veränderten die Art und Weise, wie wir in den betroffenen Gebieten helfen konnten. Die Spenden aus dem In- und Ausland, die auf unsere offiziellen Bankkonten eingingen, brachten unsere begrenzte Hilfskraft an einen relativ wichtigen Punkt. Als wir an Finanzkraft gewannen, auch wenn diese begrenzt war, nahm unsere Hilfsvielfalt zu: Vor allem nach dem dritten Tag begannen wir, nicht nur Brot und Wasser, sondern auch Trocken- und Konservennahrung, Diesel, Benzin, Medikamente, medizinische Hilfsgüter, Campingkocher, Heizgeräte und sogar mobile Generatoren für die Leichenhalle zu schicken. Zusätzlich wurden 20 Zelte verschickt.


Wir schickten sie in die Gebiete, in denen wir orthodoxe und katholische Kirchen in Hatay haben. Alle unsere Kirchen in der Region waren zerstört worden, und nur unsere älteste Kirche, Saint Pierre, die ein Museum ist, hatte keinen Schaden genommen. Als die Lieferungen eintrafen, änderte sich die Art der Hilferufe. Die Menschen, die dort lebten, waren in Panik und baten um Hilfe, um aus dem Gebiet gerettet zu werden. Vater Pavlos wurde am zweiten Tag des Erdbebens vom Patriarchat in die Region entsandt. Obwohl seine Familie noch unter Trümmern lag, half er den Menschen, Angehörige aus den Trümmern zu bergen und bestattete die verstorbenen nach christlichem Ritus, um ihnen die letzte Ehre zu erweisen. Um mit ihm in Kontakt bleiben zu können haben wir ihm mehrere „Powerbänke“ mitgegeben, da es in dem betroffenen Gebiet immer noch keinen Strom gab. Während die, mit Genehmigung des Gouvernements, entsandten Fahrzeuge die Hilfsgüter lieferten, begannen wir, die Menschen in unsere Region, in Sicherheit zu bringen. Wir leisteten überall in Hatay Hilfe, nach Antakya und Samandağ begannen wir, Menschen aus Iskenderun, Altinozu, Sarilar und Tokacli nach Mersin zu ihren Brüdern und Schwestern zu verlegen. Zunächst nannten wir es eine Rettungsaktion. Ja, das war die Wahrheit, aber später korrigierten wir diesen Satz in Transfer. Zunächst verwandelten wir den Versammlungssaal unserer Kirche in ein Wohnheim. Doch nach einer Weile reichte der Platz nicht mehr aus. Wir waren zu einem Stützpunkt geworden. Wir schickten die Menschen zur Behandlung ins Krankenhaus, schickten sie zum Baden in die Therme. Wir versorgten sie mit ihren persönlichen Bedürfnissen wie Kleidung, Unterwäsche, Trainingsanzügen und Badesachen, die wir gerade für sie gekauft hatten. Außerdem sortierten wir gebrauchte Kleidung von unseren wohlwollenden Freunden und Gemeindemitgliedern aus und sortierten die sauberen und schönen Kleidungsstücke nach Geschlecht und Größe. Daraus wählten wir einfach die Materialien aus, die sie brauchten, und boten sie ihnen an. Dieser Prozess dauerte natürlich zwei oder drei Tage für jede Person. Auf Vorschlag des Gemeindevorstands und mit der Zustimmung unseres Priesters verwandelten wir das Gotteshaus in einen Schlafsaal, indem wir zusätzliche Betten, Kissen und Decken bereitstellten. Während wir insgesamt mit 50-100 Personen gerechnet hatten, meldeten sich an dem von uns eingerichteten Anmeldeschalter 750-800 Personen an…. So diente unsere Kirche sowohl als Schlafsaal als auch als Lagerraum. 


Da die Tatsache, dass wir unsere Kirche geschlossen und in ein Wohnheim umgewandelt hatten, für Schlagzeilen sorgte, wurden wir in der türkischen und internationalen Presse als “Die griechisch-orthodoxe Kirche von Mersin öffnete ihre Türen für die Erdbebenopfer” bezeichnet, und zwar nicht nur für unsere christlichen Brüder und Schwestern, die Opfer des Erdbebens waren, sondern auch für unser Volk, mit dem wir dieselbe Heimat teilen Wir wollten unseren Brüdern und Schwestern im Angesicht Gottes, nicht im Angesicht der Religion helfen. Ohne Diskriminierung schliefen und aßen Christen, Muslime, Katholiken, Aleviten, Menschen verschiedener Religionen gemeinsam an einem Ort. Wir haben sie nicht fotografiert, um ihre Persönlichkeitsrechte nicht zu verletzen. Ihre Namen werden in unseren Herzen und Erinnerungen bleiben. 


Parallel zu den Nachrichten in der Presse erhielten wir weiterhin viele telefonische Hilfsanfragen. Sogar die persönliche Telefonnummer des Vorstandvorsitzenden der Gemeinde wurde als “derjenige, der die Hilfe organisiert hat” verwendet. Rufen Sie ihn an und finden Sie eine Lösung” wurde landesweit in den sozialen Medien veröffentlicht, andere Mitglieder des Vorstands begannen, seine Anrufe zu beantworten, und es war sehr schwierig zu erklären, dass unsere Mittel begrenzt waren. 


Gab es während dieses Prozesses Unterstützung von anderen Institutionen und Personen?

Als Kirche haben wir mit der Genehmigung und Unterstützung des Mersin System Medical Hospital kostenlose medizinische Untersuchungen für die Erdbebenopfer durchgeführt. Gleichzeitig hat das Spa Centre, das sich gegenüber unserer Kirche befindet, den Erdbebenopfern, die in unserer Kirche untergebracht sind, kostenlose Bademöglichkeiten zur Verfügung gestellt. Dafür sind wir sehr dankbar. In der Zwischenzeit haben wir durch die Suche nach Sponsoren einige der Menschen, die in unserer Kirche untergebracht sind, in Hotels und viele in Schulen untergebracht. Es gibt viele Helden: über welche soll ich schreiben? Jugendgruppen, Frauengruppen, der Besitzer des kleinen Marktes neben der Kirche, unsere Nachbarn im Nachbarhaus….Herr N.F., Herr Vedi Okur, der mit dem Flugzeug aus Deutschland kam, Herr Razik Kocamahul, der auch aus Deutschland kam…Herr Mihail Kocamahul und Herr Jason Öztoprak die aus Deutschland anriefen, Herr Fuat Demir, der aus Deutschland anrief und versuchte, Hilfe zu organisieren, indem er mich als Vorsitzenden mit 40 Personen auf dem Bildschirm zusammenbrachte, Herr Laki Vingas, der in vielen sozialen Projekten aktiv ist, A DEMAND FOR ACTION (ADFA) aus Schweden und viele weitere Helden und hilfreiche Menschen, die ich nicht aufzählen kann. Sie haben ihren Platz in der Geschichte der Menschlichkeit eingenommen. Besondere Erwähnung möchten wir auch Seiner Eminenz Metropolit Seyedna Costa und Seiner Eminenz Metropolit Seyedna Arsanyon schenken, die uns vom ersten Moment an zur Seite standen. Unsere größte Unterstützung ist natürlich Seine Heiligkeit Patriarch Johannes X., Patriarch von Antiochien und dem gesamten Osten. Er hat uns unterstützt und gesegnet. 


Wie viele Erdbebenopfer haben derzeit von den Hilfsmaßnahmen der Griechisch-Orthodoxen Kirche von Mersin profitiert? Wie lange wird, Ihrer Meinung nach, dieser Bedarf anhalten?

Die Zahl der bei uns registrierten Personen liegt derzeit bei 750, aber wir schätzen, dass diese Zahl 1000 erreichen wird. Es gibt immer noch Menschen in Bezirken, die wir nicht erreichen konnten und von denen wir hören, dass sie Opfer sind. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Wir befinden uns noch in der ersten Phase der Krise. Wir haben wahrscheinlich noch ein paar Jahre vor uns. Möge Jesus Christus unseren Weg erleuchten, möge unsere Gemeinschaft, unsere Gesellschaft und unser Staat stark sein, und mögen unsere Verwalter den Prozess meistern. Mit der Zeit wird sich dieses Problem entspannen. Bis es so weit ist, sollten Sie Ihre Unterstützung für die Erdbebenopfer nicht zurückhalten.  


Du hast Angehörige im Erdbebengebiet. Zu welcher Region erlangst du Neuigkeiten und Informationen? 

Meine Mutter lebt in Samandağ und ist Gottseidank am Leben. Dank unserer Verwandtschaft in Antakya, Iskenderun, Altinözü und Mersin und unserer ehrenamtlichen Arbeit für NEHNA - PORTAL sind wir sehr gut über die aktuelle Situation vor Ort informiert. Leider ist die Lage in den anderen Erdbebengebieten der Türkei nicht besser als in der Region Hatay. Noch dramatischer ist die Situation im Norden Syriens. Dort fühlt sich das syrische Regime nicht für die Erdbebenopfer verantwortlich, weil die Kurden und die Türkei vor Ort sind. Die Türkei kann da nicht helfen, weil sie selbst sehr betroffen ist. Die Lage in den vom Regime kontrollierten Gebieten, wie Aleppo, ist auch deshalb sehr schlecht, weil die internationale Hilfe das Regime nicht erreicht. Weil sie boykottiert wird. Wir dürfen die Menschen in Syrien und der Türkei nicht vergessen. Nicht die politische Führung der jeweils betroffenen Länder, sondern die Menschen, die ihre Heimat und möglicherweise Familienangehörige verloren haben, sollten im Vordergrund stehen und unsere Hilfe bekommen. 


In der Provinz Hatay, insbesondere in Antakya, ist die Situation sehr dramatisch. Die meisten Gebäude im Stadtzentrum sind zusammengebrochen. Viele Menschen konnten nicht aus den Trümmern gerettet werden. Die Hilfe aus der Türkei und dem Rest der Welt kam leider verspätet an, da die Straßen und der Flughafen von Hatay durch das Erdbeben sehr schwer beschädigt wurden. Die Überlebenden versuchten, ihre Familien oder Freunde eigenhändig aus den Trümmern zu retten, bevor die Rettungskräfte eintrafen. Leider sind die Rettungskräfte mit der massiven Zerstörung der Stadt und dem Ausmaß überfordert. Es konnten noch einige Menschenleben gerettet werden. Dennoch ist die Anzahl an Menschen, die nicht gerettet werden konnten, sehr hoch und stündlich steigt die Zahl der Todesopfer. Ich denke auch, dass die Zahl über die Erdbebenopfer, die derzeit aus den Medien zu entnehmen ist, viel zu niedrig angesetzt wird. Wir müssen vorbereitet sein, denn wir haben so viele Menschen verloren.


Wie ist die Lage derzeit dort? 

Viele Überlebende des Erdbebens flohen zu ihren Verwandten in andere Teile der Türkei, zum Beispiel nach Mersin, sobald sie die Möglichkeiten dazu haben. Ich weiß, dass die orthodoxe Gemeinde in Mersin viele Menschen aus Hatay aufnimmt. Die Kirche ist aktuell in ein Gästehaus umgewandelt worden. Die Stadtverwaltung von Mersin leistet den Menschen in Hatay eine große Hilfe. Wir sollten alle Hilfsorganisationen, die Kirchengemeinden, die Stadtverwaltung und die gesamte Bevölkerung von Mersin nicht vergessen, sondern dafür danken, indem wir sie finanziell unterstützen. Wie meine Mutter haben viele Menschen, deren Häuser bei dem Erdbeben nicht zerstört wurden, Menschen aufgenommen, die kein Dach über den Kopf mehr haben. Eine Nachbarsfamilie, deren Haus teilweise beschädigt und nun unbewohnbar ist, wohnt jetzt bei meiner Mutter.


Doch neben all der Hilfe, werden In Iskenderun oder Antakya auch Supermärkte ausgeraubt. Das Risiko, dass leerstehende Häuser geplündert oder alleinlebende, ältere Menschen überfallen werden und um ihr Leben fürchten müssen, ist derzeit sehr hoch. Die dramatische Situation in den Erdbebengebieten wird uns noch Monate, vielleicht sogar Jahre begleiten.


Aktuell wird jede internationale Hilfe benötigt. Welche Art von Spenden wird am meisten gebraucht?  

Es werden dringend Zelte, Winterkleidung, medizinische Produkte, Lebensmittel, Decken, Hygieneartikel, Babywindeln, Babynahrung und Schlafsäcke benötigt. Mit den Geldspenden können sie Generatoren und Benzin für ihre Autos kaufen, da es aktuell keinen Strom gibt. Ein Problem für viele sind die chronisch Kranken, die auf Medikamente angewiesen sind. Diese Unterstützung ist für die erste Phase notwendig. Die Hilfe, die wir leisten müssen, wird langfristig sein. Das müssen wir alle bedenken. Wir alle erwarten von Deutschland und der Europäischen Union einen Gesetzesentwurf, der es unseren, vom Erdbeben betroffenen, Angehörigen ermöglicht, wenn auch nur kurzfristig, nach Deutschland und in die EU zu kommen.


Du hast bereits einiges an Hilfe organisieren können. Wie gestaltet sich diese?  

Wir konnten privat kleine Spenden organisieren. Allein können wir nicht viel ausrichten, deshalb haben wir eine Spendenaktion mit der Antiochia-Orthodoxen Gemeinde in Stuttgart gestartet. An dieser Hilfsaktion sind folgende Organisationen beteiligt. Gemeinsam mit Projekt Peacemaker e.V., IGOC, Nehna, ZOCD, Oannes Journalism, Oannes Consulting GmbH und Aktion - Einfach Machen, haben wir diese Hilfsaktion gegründet, bei der es unter anderem darum geht, den Menschen in Hatay und Nordsyrien zu unterstützen. Am 11. Februar war ich vor Ort in Augsburg im IGOC-Hilfswarenlager. Dort traf ich Paulus Kurt vom IGOC, Simon Jacob und der Vorsitzender der orthodoxen Gemeinde aus Stuttgart Ibrahim Bal. Wir haben die gespendeten Sachen begutachtet. All das macht uns große Hoffnung und die Geldspenden kommen noch dazu. Ich bin überzeugt davon, dass wir durch diese Aktion sehr hilfreich sein können. Die Menschen in Deutschland sind von der Katastrophe in der Türkei und in Syrien sehr betroffen. Viele sind bereit zu helfen. Zudem haben mich am 17. Februar Mitri Sirin und Dunja Hayali, zwei deutsche Fernsehmoderatoren und Journalisten, zu unserer Wohltätigkeitskampagne interviewt. Die Hälfte der Spenden, die sie für das Erdbeben in Antiochia gesammelt haben, werden sie unserer Hilfsaktion zukommen lassen.

Human Peace Project – Humanitäre Hilfe nach Erdbeben in der Türkei/Syrien – Ein Interview mit Can Arap

von Ferit Johannes Tekbas, ZOCD, 

Bilder: www.nehna.org


"Unsere Kirche und die Bevölkerung von Mersin eilten zur Solidarität mit unseren Geschwistern in Hatay’


Die Griechisch-Orthodoxe Kirche von Mersin hat seit dem 6. Februar, als die Erdbeben begannen, den Opfern, die aus Antakya und Umgebung kamen, Unterkunft angeboten. Zuerst wurden die Gästehäuser der Kirche genutzt, später wurde das Innere der Kirche zu einem Schlafsaal umgebaut. Darüber hinaus wurde von der Kirche in Mersin mehrere Hilfeleistungen für die Region organisiert. Wir haben mit dem Vorsitzenden der Mersin Griechisch-Orthodoxen Kirchengemeinde, Can Arap, darüber gesprochen, wie das Erdbeben in Mersin gespürt wurde und welche Hilfsaktivitäten von der Kirche durchgeführt wurden. 


Herr Arap, zunächst einmal möchte ich mein Beileid ausdrücken. Bevor ich frage, was Sie nach dem Erdbeben getan haben, möchte ich wissen, wie Sie das Erdbeben erlebt haben. Wurde es auch in Mersin stark gespürt?

Man kann ein Erdbeben nicht verstehen, ohne es erlebt zu haben!!! Durch meinen früheren Beruf bin ich viel gereist und habe in Hotels in Malatya und Elazığ viele Erdbeben miterlebt. Ich erinnere mich, dass ich oft aus meinem Hotelzimmer geflüchtet bin. Dieses Beben jedoch war anders und selbst in Mersin spürte man es auf eine schockierende Art und Weise. Erst bebte das Bett, dann begann das Gebäude zu wackeln, so stark, dass wir keine Chance hatten zu laufen, darum legten wir uns in die Türschwelle, meine Frau über unsere kleine Tochter und ich über unsere große Tochter gebeugt, um sie zu schützen. Wir dachten alle: „Jetzt ist es vorbei!“. Es ist fast unmöglich zu verstehen was die Menschen in den stark betroffenen Provinzen gesehen und erlebt haben. Es ist sehr schwer zu verstehen, wenn man es nicht gesehen und erlebt hat. Ich persönlich habe in der Griechisch-Orthodoxen Kirche von Mersin viel mit den Erdbebenopfern geweint, die aus dem Erdbebengebiet nach Mersin gekommen sind. Ich konnte sie nicht verstehen, aber vielleicht habe ich ihnen durch das gemeinsame Weinen Erleichterung verschafft… Auch wenn es nur ein kleines bisschen war… Wir, d.h. jeder Freiwillige, jedes Mitglied der Griechisch-Orthodoxen Kirche von Mersin, hat seine Seele eingesetzt, um den Erdbebenopfern in diesem Prozess zu helfen. 


Sogar in Mersin, das nicht vom Erdbeben verwüstet wurde, herrschte eine große Panik. Alle nahmen ihre Familien mit und strömten in die Autos oder auf freie Flächen. Ich brauchte 45-50 Minuten, um zum Haus meiner Mutter zu gelangen, zu dem ich normalerweise in 3-4 Minuten fahre. Ich wollte sie abholen und zu meinen Kindern zurückkehren, aber als der Verkehr dies nicht zuließ, kam ich mit meiner Mutter zu unserer Kirche. Ich erkannte, dass die Menschen in die Kirche kamen, weil sie ein offener Raum war, also lud ich die Menschen in meiner Umgebung/Gemeinde in die Kirche ein. So kamen in den frühen Morgenstunden die meisten von uns in der griechisch-orthodoxen Kirche von Mersin zusammen. 


Der Kirchhof wurde in den ersten Momenten des Erdbebens zu einem Sammelpunkt. Wie ist es passiert?

Am Abend des 6. und 7. Februars waren mindestens 150-200 von uns in unserer Kirche. In dieser Umgebung waren unsere Freunde, Nachbarn, die Bewohner der umliegenden Gebäude, kurz gesagt, Christen und Muslime, alle zusammen. Für alle wurde eine Suppe serviert. Da sich der Saal unserer Kirche im Erdgeschoss befindet und man davon ausging, dass er im Falle eines Nachbebens leicht zu evakuieren wäre, zogen es alle vor, in unserem Saal zu bleiben. Aufgrund der Stärke des Erdbebens herrschte unter den Menschen ein großes Gefühl der Angst und Panik, und es dauerte Tage, bis wir uns psychologisch von dem Schock des Ereignisses erholt hatten. 


Am Tag vor dem Erdbeben waren die Vorsitzenden und die Väter der orthodoxen Kirchen von Antakya, Iskenderun und Mersin nach Beirut gereist, um Seine Seligkeit Patriarch Johannes X., den Patriarchen von Antiochien und dem gesamten Osten, zu besuchen. Ihr Rückflug erfolgte am Tag des Erdbebens, drei Stunden vor dem Erdbeben… Nach dem Ereignis gab es ernsthafte Probleme bei dem Versuch, die Leiter der Gemeinden in Antakya und Iskenderun zu erreichen, die am stärksten von dem Erdbeben betroffen waren und große Zerstörungen erlitten. Diese Situation löste in der Gemeinde Mersin große Besorgnis aus. Von unseren Brüdern und Schwestern in Hatay konnten wir keine Informationen erhalten, da die Presse über andere Provinzen berichtete, z. B. wurde zwei Tage lang viel über die 20 eingestürzten Gebäude in Adana gesprochen, während Hatay fast nie erwähnt wurde. Damit soll der Schmerz über unsere Verluste in Adana nicht verharmlost werden. Jeder Verlust ist groß und irreparabel. 


Welche Arten von Hilfeleistungen hat die Griechisch-Orthodoxe Kirche von Mersin geleistet? Waren es nur Christen die von diesen Hilfen profitiert haben?

Aufgrund der Informationen, die wir aus den Regionen, die wir erreichen konnten, und aus den Nachrichten erhielten, dachten wir, dass wir auf die Hilferufe reagieren und die Regionen, die große Zerstörungen erleben, unterstützen sollten, und wir wurden aktiv, einschließlich der Frauengruppe und des Jugendausschusses der Gemeinde. Die griechisch-orthodoxe Gemeinde von Mersin mobilisierte sich sofort und eilte zu ihren Brüdern und Schwestern in Hatay, egal ob es sich um Kinder, Jugendliche, Erwachsene oder ältere Menschen handelte. 


Noch bevor wir als Gemeinde dazu aufgerufen hatten, strömten die Mitglieder unserer Kirche mit Hilfsgütern, materieller und moralischer Hilfe herbei, als gäbe es kein Morgen. Auch unsere Nachbarn und das Volk in Mersin hat solidarität mit Antakya, İskenderun, Samandağ, Altınözü, Tokaçlı und Vakıflı bekundet und uns unterstützt, egal welcher Glaubensrichtung sie entstammten. Das schöne Mersin war das beste Beispiel für Solidarität und stand uns mit seiner Stadtverwaltung, seinen zivilen Organisationen und anderen Einrichtungen zur Seite. Es war Zeit für Solidarität, und das haben wir in Mersin erreicht. 


Trotz der Gerüchte über Plünderungen gingen wir das Risiko ein und fuhren 15-16 Stunden mit unseren Privatwagen, eine Strecke die eigentlich 3-4 Stunden dauert. Wir füllten die Spenden aus unserer Gemeinde in unsere Autos und lieferten sie an die Hilfsbedürftigen. Unsere Priorität waren Grundnahrungsmittel wie Wasser und Brot. Die ersten 2-3 Tage vergingen auf diese Weise. Später, als der Notstand ausgerufen wurde, beantragten wir mit mir als Vorstandsvorsitzendem und İsa Şengül, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden, beim Gouverneursamt die Genehmigung für die Durchfahrt der Fahrzeuge. Die Beamten des Gouverneursamtes empfingen uns sehr herzlich und wohlwollend und erteilten uns die notwendigen Genehmigungen für die Hilfe. 


Das Verfahren wurde sowohl mit unseren eigenen Fahrzeugen als auch mit den von uns gemieteten Kleinbussen fortgesetzt. Der Grund, warum wir Vans und Minibusse bevorzugten, war, dass sie die Hilfstransporter auf der Straße leichter und schneller passieren konnten. Die Lastwagen blockierten die Straßen, es bildeten sich lange LKW-Schlangen. 


In der Zwischenzeit gingen die Spenden in Form von gebrauchter, sauberer Kleidung, allen Arten von Lebensmitteln und Reinigungsmitteln weiter, aber das reichte nicht aus. Plötzlich kamen Spenden von unseren Freunden und zivilen Organisationen aus dem Ausland. Diese Spenden veränderten die Art und Weise, wie wir in den betroffenen Gebieten helfen konnten. Die Spenden aus dem In- und Ausland, die auf unsere offiziellen Bankkonten eingingen, brachten unsere begrenzte Hilfskraft an einen relativ wichtigen Punkt. Als wir an Finanzkraft gewannen, auch wenn diese begrenzt war, nahm unsere Hilfsvielfalt zu: Vor allem nach dem dritten Tag begannen wir, nicht nur Brot und Wasser, sondern auch Trocken- und Konservennahrung, Diesel, Benzin, Medikamente, medizinische Hilfsgüter, Campingkocher, Heizgeräte und sogar mobile Generatoren für die Leichenhalle zu schicken. Zusätzlich wurden 20 Zelte verschickt.


Wir schickten sie in die Gebiete, in denen wir orthodoxe und katholische Kirchen in Hatay haben. Alle unsere Kirchen in der Region waren zerstört worden, und nur unsere älteste Kirche, Saint Pierre, die ein Museum ist, hatte keinen Schaden genommen. Als die Lieferungen eintrafen, änderte sich die Art der Hilferufe. Die Menschen, die dort lebten, waren in Panik und baten um Hilfe, um aus dem Gebiet gerettet zu werden. Vater Pavlos wurde am zweiten Tag des Erdbebens vom Patriarchat in die Region entsandt. Obwohl seine Familie noch unter Trümmern lag, half er den Menschen, Angehörige aus den Trümmern zu bergen und bestattete die verstorbenen nach christlichem Ritus, um ihnen die letzte Ehre zu erweisen. Um mit ihm in Kontakt bleiben zu können haben wir ihm mehrere „Powerbänke“ mitgegeben, da es in dem betroffenen Gebiet immer noch keinen Strom gab. Während die, mit Genehmigung des Gouvernements, entsandten Fahrzeuge die Hilfsgüter lieferten, begannen wir, die Menschen in unsere Region, in Sicherheit zu bringen. Wir leisteten überall in Hatay Hilfe, nach Antakya und Samandağ begannen wir, Menschen aus Iskenderun, Altinozu, Sarilar und Tokacli nach Mersin zu ihren Brüdern und Schwestern zu verlegen. Zunächst nannten wir es eine Rettungsaktion. Ja, das war die Wahrheit, aber später korrigierten wir diesen Satz in Transfer. Zunächst verwandelten wir den Versammlungssaal unserer Kirche in ein Wohnheim. Doch nach einer Weile reichte der Platz nicht mehr aus. Wir waren zu einem Stützpunkt geworden. Wir schickten die Menschen zur Behandlung ins Krankenhaus, schickten sie zum Baden in die Therme. Wir versorgten sie mit ihren persönlichen Bedürfnissen wie Kleidung, Unterwäsche, Trainingsanzügen und Badesachen, die wir gerade für sie gekauft hatten. Außerdem sortierten wir gebrauchte Kleidung von unseren wohlwollenden Freunden und Gemeindemitgliedern aus und sortierten die sauberen und schönen Kleidungsstücke nach Geschlecht und Größe. Daraus wählten wir einfach die Materialien aus, die sie brauchten, und boten sie ihnen an. Dieser Prozess dauerte natürlich zwei oder drei Tage für jede Person. Auf Vorschlag des Gemeindevorstands und mit der Zustimmung unseres Priesters verwandelten wir das Gotteshaus in einen Schlafsaal, indem wir zusätzliche Betten, Kissen und Decken bereitstellten. Während wir insgesamt mit 50-100 Personen gerechnet hatten, meldeten sich an dem von uns eingerichteten Anmeldeschalter 750-800 Personen an…. So diente unsere Kirche sowohl als Schlafsaal als auch als Lagerraum. 


Da die Tatsache, dass wir unsere Kirche geschlossen und in ein Wohnheim umgewandelt hatten, für Schlagzeilen sorgte, wurden wir in der türkischen und internationalen Presse als “Die griechisch-orthodoxe Kirche von Mersin öffnete ihre Türen für die Erdbebenopfer” bezeichnet, und zwar nicht nur für unsere christlichen Brüder und Schwestern, die Opfer des Erdbebens waren, sondern auch für unser Volk, mit dem wir dieselbe Heimat teilen Wir wollten unseren Brüdern und Schwestern im Angesicht Gottes, nicht im Angesicht der Religion helfen. Ohne Diskriminierung schliefen und aßen Christen, Muslime, Katholiken, Aleviten, Menschen verschiedener Religionen gemeinsam an einem Ort. Wir haben sie nicht fotografiert, um ihre Persönlichkeitsrechte nicht zu verletzen. Ihre Namen werden in unseren Herzen und Erinnerungen bleiben. 


Parallel zu den Nachrichten in der Presse erhielten wir weiterhin viele telefonische Hilfsanfragen. Sogar die persönliche Telefonnummer des Vorstandvorsitzenden der Gemeinde wurde als “derjenige, der die Hilfe organisiert hat” verwendet. Rufen Sie ihn an und finden Sie eine Lösung” wurde landesweit in den sozialen Medien veröffentlicht, andere Mitglieder des Vorstands begannen, seine Anrufe zu beantworten, und es war sehr schwierig zu erklären, dass unsere Mittel begrenzt waren. 


Gab es während dieses Prozesses Unterstützung von anderen Institutionen und Personen?

Als Kirche haben wir mit der Genehmigung und Unterstützung des Mersin System Medical Hospital kostenlose medizinische Untersuchungen für die Erdbebenopfer durchgeführt. Gleichzeitig hat das Spa Centre, das sich gegenüber unserer Kirche befindet, den Erdbebenopfern, die in unserer Kirche untergebracht sind, kostenlose Bademöglichkeiten zur Verfügung gestellt. Dafür sind wir sehr dankbar. In der Zwischenzeit haben wir durch die Suche nach Sponsoren einige der Menschen, die in unserer Kirche untergebracht sind, in Hotels und viele in Schulen untergebracht. Es gibt viele Helden: über welche soll ich schreiben? Jugendgruppen, Frauengruppen, der Besitzer des kleinen Marktes neben der Kirche, unsere Nachbarn im Nachbarhaus….Herr N.F., Herr Vedi Okur, der mit dem Flugzeug aus Deutschland kam, Herr Razik Kocamahul, der auch aus Deutschland kam…Herr Mihail Kocamahul und Herr Jason Öztoprak die aus Deutschland anriefen, Herr Fuat Demir, der aus Deutschland anrief und versuchte, Hilfe zu organisieren, indem er mich als Vorsitzenden mit 40 Personen auf dem Bildschirm zusammenbrachte, Herr Laki Vingas, der in vielen sozialen Projekten aktiv ist, A DEMAND FOR ACTION (ADFA) aus Schweden und viele weitere Helden und hilfreiche Menschen, die ich nicht aufzählen kann. Sie haben ihren Platz in der Geschichte der Menschlichkeit eingenommen. Besondere Erwähnung möchten wir auch Seiner Eminenz Metropolit Seyedna Costa und Seiner Eminenz Metropolit Seyedna Arsanyon schenken, die uns vom ersten Moment an zur Seite standen. Unsere größte Unterstützung ist natürlich Seine Heiligkeit Patriarch Johannes X., Patriarch von Antiochien und dem gesamten Osten. Er hat uns unterstützt und gesegnet. 


Wie viele Erdbebenopfer haben derzeit von den Hilfsmaßnahmen der Griechisch-Orthodoxen Kirche von Mersin profitiert? Wie lange wird, Ihrer Meinung nach, dieser Bedarf anhalten?

Die Zahl der bei uns registrierten Personen liegt derzeit bei 750, aber wir schätzen, dass diese Zahl 1000 erreichen wird. Es gibt immer noch Menschen in Bezirken, die wir nicht erreichen konnten und von denen wir hören, dass sie Opfer sind. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Wir befinden uns noch in der ersten Phase der Krise. Wir haben wahrscheinlich noch ein paar Jahre vor uns. Möge Jesus Christus unseren Weg erleuchten, möge unsere Gemeinschaft, unsere Gesellschaft und unser Staat stark sein, und mögen unsere Verwalter den Prozess meistern. Mit der Zeit wird sich dieses Problem entspannen. Bis es so weit ist, sollten Sie Ihre Unterstützung für die Erdbebenopfer nicht zurückhalten.  


Du hast Angehörige im Erdbebengebiet. Zu welcher Region erlangst du Neuigkeiten und Informationen? 

Meine Mutter lebt in Samandağ und ist Gottseidank am Leben. Dank unserer Verwandtschaft in Antakya, Iskenderun, Altinözü und Mersin und unserer ehrenamtlichen Arbeit für NEHNA - PORTAL sind wir sehr gut über die aktuelle Situation vor Ort informiert. Leider ist die Lage in den anderen Erdbebengebieten der Türkei nicht besser als in der Region Hatay. Noch dramatischer ist die Situation im Norden Syriens. Dort fühlt sich das syrische Regime nicht für die Erdbebenopfer verantwortlich, weil die Kurden und die Türkei vor Ort sind. Die Türkei kann da nicht helfen, weil sie selbst sehr betroffen ist. Die Lage in den vom Regime kontrollierten Gebieten, wie Aleppo, ist auch deshalb sehr schlecht, weil die internationale Hilfe das Regime nicht erreicht. Weil sie boykottiert wird. Wir dürfen die Menschen in Syrien und der Türkei nicht vergessen. Nicht die politische Führung der jeweils betroffenen Länder, sondern die Menschen, die ihre Heimat und möglicherweise Familienangehörige verloren haben, sollten im Vordergrund stehen und unsere Hilfe bekommen. 


In der Provinz Hatay, insbesondere in Antakya, ist die Situation sehr dramatisch. Die meisten Gebäude im Stadtzentrum sind zusammengebrochen. Viele Menschen konnten nicht aus den Trümmern gerettet werden. Die Hilfe aus der Türkei und dem Rest der Welt kam leider verspätet an, da die Straßen und der Flughafen von Hatay durch das Erdbeben sehr schwer beschädigt wurden. Die Überlebenden versuchten, ihre Familien oder Freunde eigenhändig aus den Trümmern zu retten, bevor die Rettungskräfte eintrafen. Leider sind die Rettungskräfte mit der massiven Zerstörung der Stadt und dem Ausmaß überfordert. Es konnten noch einige Menschenleben gerettet werden. Dennoch ist die Anzahl an Menschen, die nicht gerettet werden konnten, sehr hoch und stündlich steigt die Zahl der Todesopfer. Ich denke auch, dass die Zahl über die Erdbebenopfer, die derzeit aus den Medien zu entnehmen ist, viel zu niedrig angesetzt wird. Wir müssen vorbereitet sein, denn wir haben so viele Menschen verloren.


Wie ist die Lage derzeit dort? 

Viele Überlebende des Erdbebens flohen zu ihren Verwandten in andere Teile der Türkei, zum Beispiel nach Mersin, sobald sie die Möglichkeiten dazu haben. Ich weiß, dass die orthodoxe Gemeinde in Mersin viele Menschen aus Hatay aufnimmt. Die Kirche ist aktuell in ein Gästehaus umgewandelt worden. Die Stadtverwaltung von Mersin leistet den Menschen in Hatay eine große Hilfe. Wir sollten alle Hilfsorganisationen, die Kirchengemeinden, die Stadtverwaltung und die gesamte Bevölkerung von Mersin nicht vergessen, sondern dafür danken, indem wir sie finanziell unterstützen. Wie meine Mutter haben viele Menschen, deren Häuser bei dem Erdbeben nicht zerstört wurden, Menschen aufgenommen, die kein Dach über den Kopf mehr haben. Eine Nachbarsfamilie, deren Haus teilweise beschädigt und nun unbewohnbar ist, wohnt jetzt bei meiner Mutter.


Doch neben all der Hilfe, werden In Iskenderun oder Antakya auch Supermärkte ausgeraubt. Das Risiko, dass leerstehende Häuser geplündert oder alleinlebende, ältere Menschen überfallen werden und um ihr Leben fürchten müssen, ist derzeit sehr hoch. Die dramatische Situation in den Erdbebengebieten wird uns noch Monate, vielleicht sogar Jahre begleiten.


Aktuell wird jede internationale Hilfe benötigt. Welche Art von Spenden wird am meisten gebraucht?  

Es werden dringend Zelte, Winterkleidung, medizinische Produkte, Lebensmittel, Decken, Hygieneartikel, Babywindeln, Babynahrung und Schlafsäcke benötigt. Mit den Geldspenden können sie Generatoren und Benzin für ihre Autos kaufen, da es aktuell keinen Strom gibt. Ein Problem für viele sind die chronisch Kranken, die auf Medikamente angewiesen sind. Diese Unterstützung ist für die erste Phase notwendig. Die Hilfe, die wir leisten müssen, wird langfristig sein. Das müssen wir alle bedenken. Wir alle erwarten von Deutschland und der Europäischen Union einen Gesetzesentwurf, der es unseren, vom Erdbeben betroffenen, Angehörigen ermöglicht, wenn auch nur kurzfristig, nach Deutschland und in die EU zu kommen.


Du hast bereits einiges an Hilfe organisieren können. Wie gestaltet sich diese?  

Wir konnten privat kleine Spenden organisieren. Allein können wir nicht viel ausrichten, deshalb haben wir eine Spendenaktion mit der Antiochia-Orthodoxen Gemeinde in Stuttgart gestartet. An dieser Hilfsaktion sind folgende Organisationen beteiligt. Gemeinsam mit Projekt Peacemaker e.V., IGOC, Nehna, ZOCD, Oannes Journalism, Oannes Consulting GmbH und Aktion - Einfach Machen, haben wir diese Hilfsaktion gegründet, bei der es unter anderem darum geht, den Menschen in Hatay und Nordsyrien zu unterstützen. Am 11. Februar war ich vor Ort in Augsburg im IGOC-Hilfswarenlager. Dort traf ich Paulus Kurt vom IGOC, Simon Jacob und der Vorsitzender der orthodoxen Gemeinde aus Stuttgart Ibrahim Bal. Wir haben die gespendeten Sachen begutachtet. All das macht uns große Hoffnung und die Geldspenden kommen noch dazu. Ich bin überzeugt davon, dass wir durch diese Aktion sehr hilfreich sein können. Die Menschen in Deutschland sind von der Katastrophe in der Türkei und in Syrien sehr betroffen. Viele sind bereit zu helfen. Zudem haben mich am 17. Februar Mitri Sirin und Dunja Hayali, zwei deutsche Fernsehmoderatoren und Journalisten, zu unserer Wohltätigkeitskampagne interviewt. Die Hälfte der Spenden, die sie für das Erdbeben in Antiochia gesammelt haben, werden sie unserer Hilfsaktion zukommen lassen.

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